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Flüchtlinge: Fragwürdige Annahmen zu Abschlüssen

Laut der BILD-Zeitung sollen fast 60 Prozent der erwachsenen Flüchtlinge keinen Schulabschluss haben. Doch die Schätzung ist problematisch. Realistischer ist ein Anteil von rund 40 Prozent.


59 Prozent der Flüchtlinge sollen keinen Schulabschluss haben – so melden es heute die BILD und beruft sich dabei auf einen Bericht des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) von Juni diesen Jahres. Doch die Angaben sind aus zwei Gründen fragwürdig:

Zunächst handelt es sich bei den zugrundeliegenden Daten der Bundesagentur für Arbeit um die Meldungen von arbeitsuchenden Flüchtlingen – und nicht von Flüchtlingen im erwerbsfähigen Alter. Arbeitsuchende haben jedoch durchschnittlich ein niedrigeres Bildungsniveau als Erwerbstätige. So hatten im Januar 2017 beispielsweise 31 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den acht Hauptherkunftsländern außerhalb Europas sogar einen berufsqualifizierenden Abschluss, aber nur etwas mehr als 12 Prozent der Arbeitsuchenden.

Zudem unterstellt der Medienbericht, dass alle arbeitsuchenden Flüchtlinge ohne Angaben zu ihrem Schulabschluss tatsächlich keinen Abschluss haben. Diese Annahme ist wissenschaftlich nicht seriös und findet sich auch in dieser eindeutigen Formulierung nicht in der Studie des BIBB. Viele dieser Flüchtlinge dürften durchaus einen Schulabschluss mitbringen, da der jedoch nicht in das Raster der deutschen Abschlüsse passt, wird er nicht erfasst. Definitiv keinen Schulabschluss haben der BA-Statistik zufolge nur 34 Prozent der arbeitsuchenden Flüchtlinge. Geht man davon aus, dass die Flüchtlinge ohne Angabe die gleiche Bildungsstruktur aufweisen wie die Flüchtlinge mit Angabe, kommt man auf einen Anteil von rund 46 Prozent.

Eine realistische Einschätzung des Bildungsniveaus der Flüchtlinge liefert die IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten aus dem Jahr 2016. Demnach haben 58 Prozent der erwachsenen Flüchtlinge einen Schulabschluss und 19 Prozent einen berufsqualifizierenden Abschluss. Rund 9 Prozent haben nie eine Schule besucht. Dies deckt sich mit Daten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die bei der Asylerstantragstellung auf freiwilliger Basis erhoben werden. Ihnen zufolge haben 11 Prozent der Personen, die 2016 einen Asylantrag gestellt haben, keine formale Schulbildung und etwa 21 Prozent haben nur eine Grundschule besucht. Insgesamt dürfte der Anteil der erwachsenen Flüchtlinge ohne Schulabschluss damit bei rund 40 Prozent liegen.