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Für mehr soziale Rechte in Europa –Resolution des DGB-Bundesvorstands


Am 17. November wird in Göteborg die „Europäische Säule sozialer Rechte“ (ESSR) proklamiert. Sie soll der erste Schritt sein, um die Forderung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von 2014 umzusetzen, Europa müsse bei den sozialen Grundrechten ein ebenso hohes Vertrauen aufbauen wie Finanzen und Wirtschaft.

Der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat zur Proklamation der ESSR heute eine Resolution beschlossen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, die ESSR zu unterzeichnen und sich für mehr verbindliche soziale Rechte in der EU einzusetzen.

DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann (Foto): „Wir müssen dringend die Arbeitnehmerrechte in Europa wieder stärken. Es kann nicht sein, dass das Wettbewerbsrecht Vorrang vor den sozialen Grundrechten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa hat. Der kommende Sozialgipfel in Göteborg ist ein erster Schritt – aber dafür muss der Inhalt rechtsverbindlich werden. Wir brauchen verbindliche europäische Arbeitnehmerrechte, damit die soziale Dimension im Binnenmarkt deutlich gestärkt wird. Ein europäischer Arbeitsmarkt braucht europäische Spielregeln, nicht nur für den Dienstleistungs- und Güteraustausch, sondern insbesondere zur Bekämpfung von Lohndumping und Sozialabbau.“

Die Resolution im Wortlaut:

Entschließung des Bundesvorstandes zum EU-Sozialgipfel in Göteborg am 17.11.2017

Der DGB-Bundesvorstand begrüßt die auf dem EU-Sozialgipfel in Göteborg geplante Proklamation der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR).

Damit steht die soziale Dimension der Europäischen Union wieder auf der politischen Tagesordnung der europäischen Politik - in dieser Form jedoch leider völlig unverbindlich. Der richtigen Zielsetzung müssen daher nun konkrete und vor allem rechtsverbindliche Schritte folgen.

Die Stärkung der sozialen Rechte und eine bessere Durchsetzung der bestehenden sozialen Grundrechte und sozialen Regulierungen gehören zu den drängenden Aufgaben für die Zukunft der EU.

Es ist es dringend notwendig, das Vertrauen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in das europäische Einigungs- und Friedensprojekt zu stärken und auszubauen. Nur mutige Schritte bringen Europa aus der Vertrauenskrise. Dafür muss die europäische Politik zu substanziellen Verbesserungen der Arbeits- und Lebensverhältnisse aller Bürgerinnen und Bürger in Europa beitragen. Eine Europäische Union, die als weitgehend deregulierter Binnenmarkt funktioniert, in dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den verschiedenen Mitgliedsstaaten gegeneinander ausgespielt werden, wird an Zustimmung verlieren und populistischen, anti-europäischen Kräften weiter Auftrieb verschaffen.

Der DGB-Bundesvorstand fordert die Bundesregierung nachdrücklich dazu auf, den Proklamationstext der Europäischen Säule sozialer Rechte in Göteborg zu unterzeichnen und sich gegenüber den Regierungen der Mitgliedsstaaten der EU im Rat für eine breitest mögliche Unterstützung dafür einzusetzen. Anderenfalls wird die bereits deutlich vorhandene Schieflage zwischen ökonomischen und sozialen Bedingungen im europäischen Semester und der EU-Politik insgesamt weiter vertieft.

Die Stärkung der sozialen Rechte durch diese Unterzeichnung ist notwendig, um den aktuellen und künftigen wirtschaftlichen wie sozialen Herausforderungen gerecht zu werden. So erfordern wachsende grenzüberschreitende Mobilität und zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft eine umfassendere Regulierung des europäischen Arbeitsmarktes durch angemessene entsprechende Rechtsetzungsakte auf europäischer Ebene.

Der DGB-Bundesvorstand fordert daher mit Blick auf den Sozialgipfel von der deutschen Bundesregierung, der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament insbesondere:

* eine neue Dynamik in der sozialen Dimension der EU mit Unterstützung der Bundesregierung, die die Ziele des sozialen Fortschritts, einer gleichgewichteten wirtschaftlichen und sozialen Aufwärtskonvergenz und eines besseren Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer individual- und kollektivrechtlich verbindlich festlegt;

* eine rechtliche Verankerung des Grundsatzes „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am selben Ort“. Gesetzgebungsvorschläge, die die sozialen Errungenschaften gefährden, müssen zurückgezogen werden, hierzu gehört insbesondere das Dienstleistungs- und das Mobilitätspaket

* einen Aktionsplan, der die 20 in der ESSR enthaltenen Grundsätze in EU-, und wo nötig, in nationales Recht umsetzt;

* eine Integration der Grundsätze in das europäische Semester und die jährlichen länderspezifischen Empfehlungen von Kommission, Rat und europäischem Parlament;

* eine Stärkung des Sozialen Dialogs der EU durch die zügige Weiterleitung beschlossener Sozialpartnervereinbarungen an den Rat und das EP, damit diese in verbindliche Richtlinien umgewandelt werden;

* eine finanzielle Unterfütterung der ESSR spätestens im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens 2020–2026 der EU, um mit Hilfe des EU-Haushalts Investitionen in Wachstum und Beschäftigung sowie die Sicherheit der Menschen in Europa und darüber hinaus zu gewährleisten;

* den Vorrang sozialer Grundrechte gegenüber den Binnenmarktfreiheiten durch die Aufnahme eines sozialen Fortschrittsprotokolls in die EU - Verträge

* sowie eine Beseitigung der Konstruktionsfehler in der Architektur der Wirtschafts- und Währungsunion durch eine grundlegende Reform der economic governance. Dabei müssen die soziale Dimension, die Gemeinschaftsmethode und die Rolle des Europäischen Parlaments gestärkt werden.