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EuGH - Urteil: Internethandel mit Luxuskosmetik

Foto: Gerichtshof der Europäischen Union (Sitzung des Gerichtshofs)

Gerichtshof der Europäischen Union - Luxemburg, den 6. Dezember 2017


Der EuGH hat entschieden, dass ein Anbieter von Luxuswaren seinen autorisierten Händlern verbieten kann, die Waren im Internet über eine Drittplattform wie Amazon zu verkaufen.

Ein solches Verbot sei geeignet, das Luxusimage der Waren sicherzustellen, und gehe grundsätzlich nicht über das hierfür erforderliche Maß hinaus, so der EuGH.

Coty Germany verkauft in Deutschland Luxuskosmetika. Einige ihrer Marken vertreibt sie, um deren Luxusimage zu wahren, über ein selektives Vertriebsnetz, d.h. über autorisierte Händler. Die Verkaufsstätten der autorisierten Händler müssen einer Reihe von Anforderungen hinsichtlich Umgebung, Ausstattung und Einrichtung genügen. Die autorisierten Händler können die fraglichen Waren auch im Internet verkaufen, sofern sie ihr eigenes elektronisches Schaufenster verwenden oder nicht autorisierte Drittplattformen einschalten, wobei dies für den Verbraucher nicht erkennbar sein darf. Vertraglich ausdrücklich verboten ist es ihnen hingegen, die Waren im Internet über Drittplattformen zu verkaufen, die für die Verbraucher erkennbar in Erscheinung treten.

Coty Germany erhob vor den deutschen Gerichten Klage gegen einen ihrer autorisierten Händler, Parfümerie Akzente, und beantragte unter Berufung auf das vertragliche Verbot, diesem Händler zu untersagen, ihre Produkte über die Plattform "amazon.de" zu vertreiben. Da das OLG Frankfurt Zweifel daran hat, ob die Vertragsklausel mit dem Wettbewerbsrecht der Union vereinbar ist, hat es den EuGH hierzu befragt.

Der EuGH hält die streitige Klausel – vorbehaltlich der vom Oberlandesgericht vorzunehmenden Prüfungen – für rechtmäßig.

Nach Auffassung des EuGH und unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung verstößt ein selektives Vertriebssystem für Luxuswaren, das primär der Sicherstellung des Luxusimages dieser Waren dient, nicht gegen das unionsrechtliche Kartellverbot i.S.v. Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind: Die Auswahl der Wiederverkäufer müsse anhand objektiver Gesichtspunkte qualitativer Art erfolgen, die einheitlich für alle in Betracht kommenden Wiederverkäufer festgelegt und ohne Diskriminierung angewendet werden, und die festgelegten Kriterien dürften nicht über das erforderliche Maß hinausgehen.
(Der EuGH hebt hervor, dass im Urteil des EuGH vom 13.10.2011 (C-439/09 "Pierre Fabre Dermo-Cosmétique") nicht – abweichend von der ständigen Rechtsprechung des EuGH – der Grundsatz aufgestellt werden sollte, dass der Schutz des Prestigecharakters eine Wettbewerbsbeschränkung, wie sie sich aus der Existenz eines selektiven Vertriebsnetzes ergibt, künftig für sämtliche Waren, insbesondere auch Luxuswaren, nicht mehr rechtfertigen könnte. In diesem Urteil hatte der EuGH entschieden, dass die Notwendigkeit, den Prestigecharakter der in dieser Rechtssache in Rede stehenden Kosmetika und Körperpflegeprodukte zu schützen, kein berechtigtes, ein pauschales Verbot des Verkaufs dieser Waren im Internet rechtfertigendes Anliegen war).

Die Qualität von Luxuswaren beruhe nicht allein auf ihren materiellen Eigenschaften, sondern auch auf ihrem Prestigecharakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstrahlung verleihe. Diese Ausstrahlung sei ein wesentliches Element solcher Waren, da die Verbraucher sie dadurch von anderen ähnlichen Produkten unterscheiden könnten. Daher sei eine Schädigung der luxuriösen Ausstrahlung geeignet, die Qualität der Waren selbst zu beeinträchtigen.

Das unionsrechtliche Kartellverbot stehe einer Vertragsklausel nicht entgegen, die – wie hier – autorisierten Händlern eines selektiven Vertriebssystems für Luxuswaren, das im Wesentlichen darauf gerichtet sei, das Luxusimage dieser Waren sicherzustellen, verbiete, beim Verkauf der betreffenden Waren im Internet nach außen erkennbar Drittplattformen einzuschalten, sofern folgende Bedingungen erfüllt seien: Die Klausel soll das Luxusimage der betreffenden Waren sicherstellen, sie wird einheitlich festgelegt und ohne Diskriminierung angewandt, und sie steht in angemessenem Verhältnis zum angestrebten Ziel. 
Das Oberlandesgericht werde zu prüfen haben, ob dies der Fall sei.

Die streitige Klausel, vorbehaltlich der vom Oberlandesgericht vorzunehmenden Prüfungen, ist nach Auffassung des EuGH rechtmäßig. Es stehe nämlich fest, dass die Vertragsklausel das Luxus- und Prestigeimage der Waren von Coty sicherstellen soll. Außerdem gehe aus den dem EuGH unterbreiteten Akten hervor, dass das Oberlandesgericht die Klausel als objektiv und einheitlich ansehe und davon ausgehe, dass sie ohne Diskriminierung auf alle autorisierten Händler angewandt werde. Zudem sei das von einem Anbieter von Luxuswaren an seine autorisierten Händler gerichtete Verbot, beim Internetverkauf dieser Waren nach außen erkennbar Drittplattformen einzuschalten, geeignet, das Luxusimage der Waren sicherzustellen.

Dieses Verbot dürfte auch nicht über das hinausgehen, was erforderlich sei, um das Luxusimage der Waren sicherzustellen. Insbesondere könne es – mangels einer Vertragsbeziehung zwischen dem Anbieter und den Drittplattformen, die es dem Anbieter erlauben würde, von den Plattformen die Einhaltung der Qualitätsanforderungen zu verlangen, die er seinen autorisierten Händlern auferlegt habe – nicht als ebenso wirksam wie das streitige Verbot angesehen werden, wenn diesen Händlern gestattet würde, solche Plattformen unter der Bedingung einzuschalten, dass sie vordefinierte Qualitätsanforderungen erfüllen.

Schließlich sei, falls das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die streitige Klausel grundsätzlich unter das unionsrechtliche Kartellverbot falle, nicht ausgeschlossen, dass für die Klausel eine Gruppenfreistellung in Betracht komme (gemäß der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 - ABl. 2010, L 102, 1).

Unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles stelle nämlich das streitige Verbot, bei Internetverkäufen nach außen erkennbar Drittunternehmen einzuschalten, weder eine Beschränkung der Kundengruppe noch eine Beschränkung des passiven Verkaufs an Endverbraucher dar. Solche Beschränkungen seien, weil sie zu schwerwiegenden wettbewerbswidrigen Auswirkungen führen könnten, von vornherein von der Gruppenfreistellung ausgeschlossen.