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Buchtipp: „Römische Klassik und griechische Lyrik – Transformationen der Archaik in augusteischer Zeit“

8. Juni 2018

Ästhetische Phänomene und mehr

 

Rezension von Uta Luise Zimmermann-Krause

 

In seiner Habilitationsschrift „Römische Klassik und griechische Lyrik – Transformation der Archaik in augusteischer Zeit“ geht Felix Mundt der Frage nach, inwieweit römische Dichter sich von ihren griechischen Kollegen inspirieren ließen und vielleicht sogar Passagen der griechischen Dichter übernommen haben. Felix Mundt ist Professor für Altertumsgeschichte und lehrt an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Der vorliegende Band gibt an Hand von Originaltexten Zeugnis von der Odendichtung des Horaz mit eindeutiger Aneignung der älteren griechischen Lyrik. Neue Papyrusfunde in den letzten Jahrzehnten untermauern die Hypothese, dass griechische Lyrik des 7. bis 5. Jahrhunderts Vorbildwirkung hatte auf die römischen Klassiker. Horaz stellt sich in die Nachfolge Pindars, doch er übernimmt nicht alle Charakteristika pindarischer Lyrik, sondern trifft eine Auswahl für sich, die er verwendet. Kaiser Augustus zu preisen und die eigene Tätigkeit zu reflektieren, einen Dichterkollegen zu charakterisieren, behielt sich Pindar vor. Der Grieche Pindar besitzt ingenium (dt. Temperament), der Römer Horaz weicht auf ars (dt. Kunst) aus.

Die „augusteische Klassik“ konnte sich aus der Vielzahl von Beiträgen römischer Dichter entwickeln. Und der Rückgriff auf die ältere griechische Dichtung ermöglicht eine wohl nach soziopolitischer Art gelesen, mehr als ästhetische Phänomene.

Horaz sieht den Kulturtransfer so: „Nachdem Griechenland unterworfen war, unterwarf es den wilden Sieger und führte die Künste des bäuerlichen Latium ein.“ Geklärt werden konnte bisher nicht, ob Horaz mit Graecia capta (dt. Griechenland genommen) auf einen bestimmten Moment im Lauf der griechisch-römischen Auseinandersetzungen anspielt. Rom hält den Platz der Tat wegen der Bauwerke aus Stein und Mörtel, während Griechenland der Ort des Geistes ist. Nunc est bibendum (dt. Jetzt muss man trinken) ist wohl das bekannteste Beispiel für den römischen Rückgriff auf griechische Lyrik. Es meint das sich Betrinken durch das Tanzen. Horaz übersetzt diese ersten drei Worte der griechischen Ode und feiert den Tod der Kleopatra und den endgültigen Sieg Octavians über Antonius. Die imitatio (dt. Nachahmung) wurde von Aristoteles für die Nachahmung der Natur durch den Dichter gebraucht, später auch für die Nachahmung eines Dichters durch einen anderen. Doch um über die reine Nachahmung hinauszugelangen, muss der Wettstreit mit dem Vorbild gegeben sein, die aemulatio (dt. Nacheifern).

Die römischen Liebeselegiker wie Properz und Ovid, haben die direkte Konfrontation mit den griechischen Elegikern wohl nicht gesucht. Ovid geriet in Konflikt mit Augustus und erst dann suchte er die Auseinandersetzung. Horaz hingegen wendet sich der Neuen Komödie, dem Epos und der Bukolik zu. Sein Kollege Lucilius war überausvertraut mit der griechischen und speziell der attischen Kultur und Philosophie vertraut und er hinterließ der Nachwelt das „Philosophenmahl“ und die „Götterversammlung“. Cicero bewies, dass Philosophie nicht nur Schriftstellerei, sondern auch Praxis sei. Mit dem „Lob der Philosophie“ und dem Lob des Sokrates, der als erster die Philosophie vom Himmel auf die Erde, in die Städte und Häuser geholt habe, setzte Cicero ein Zeichen und wollte seine Landsleute zum Philosophieren animieren. Reizvolle Übersetzungen der Dichtertexte sind Zeugnisdavon, was Dichter mit ihren Schriften bewirken wollen: Nützen, Vermitteln, Lehren. Der Liebesdichter Catull sieht es so: „Keinen, sagt mein Mädchen, möchte sie lieber heiraten als mich, selbst wenn Jupiter sie selbst begehre. Sagt sie. Doch was eine Frau dem begehrenden Liebhaber sagt, kann man in den Wind und ins strömende Wasser schreiben.“ Bei Catull geht es um das Parfüm der Berenike oder der Dichterin Sappho, die Mädchen liebte, und wer das Fläschchen an wen weiterreichte, denn nichts bringt Erinnerungen schneller zurück als Parfüm. Weiter noch: Von der Trias „Wein, Liebe, Gesang“ ist die Rede, und es bleibt nicht verborgen, dass das heftige Trinken nicht nur in Dichterkreisen geübt wurde. Die Schrift „Römische Klassik und griechische Lyrik – Transformation der Archaik in augusteischer Zeit“ ist lesenswert, vermittelt sie doch dem Interessenten einen detaillierten Einblick in die dichterische Historie der augusteischen Zeit. Und wenn ein gelehrter Dichter von der Möglichkeit der Umschreibung Gebrauch macht, wird die Beschäftigung damit zur Freude.

    

  • Felix Mundt.

Römische Klassik und griechische Lyrik –

Transformationen der Archaik in augusteischer Zeit.

ZETEMATA, Monographien zur klassischen Altertumswissenschaft,

Heft 155, 302 Seiten, gebunden, Softcover,

Verlag C.H.Beck, 2018

ISBN 978-3-406-72230-1

Preis: 88,00 EUR