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ifo-Präsident Fuest kritisiert EU-Gipfelbeschlüsse

04.07.2018

Der ifo-Präsident Clemens Fuest hat die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels kritisiert. „Entscheidende Aspekte der Reform der Eurozone wurden vergangene Woche beim Gipfel ausgeblendet“, sagte er am Mittwoch in München zum Auftakt des Munich Economic Summit. „Der wichtigste Schritt wäre ein Abbau des Engagements der jeweiligen Banken in ihren heimischen Staatsanleihen gewesen. Es ist deutlich geworden, dass die Mitgliedstaaten in diesem Punkt besonders uneinig sind. Aber solange die Banken in großem Umfang Staatsanleihen halten, ist die Ankündigung einfach nicht glaubwürdig, bei überschuldeten Staaten einen Schuldenschnitt vorzusehen.“

Fuest (Foto) sagte weiter: „Zur Überwindung der Eurokrise wäre eine Balance aus Risikoteilung und Marktdisziplin notwendig. Einseitige Schritte in Richtung Risikoteilung können Anreize zu solider Finanz- und Wirtschaftspolitik untergraben. Wichtig sind außerdem Verlässlichkeit und Vertrauen unter den Mitgliedstaaten. Erforderlich wäre ein klares Bekenntnis aller Mitgliedstaaten zu den tragenden Prinzipien der Eurozone – insbesondere zur Unabhängigkeit der Geldpolitik, soliden Staatsfinanzen und einem stabilen Finanzsektor.“

Fuest mahnte: „Auch in der nationalen Wirtschaftspolitik müssen die Staaten sich stärker anstrengen. Einige Mitgliedstaaten nutzen den aktuellen Aufschwung nicht hinreichend, um Strukturreformen voranzutreiben und Staatsschulden abzubauen. Es besteht die Gefahr, dass sie in der nächsten Krise keine finanziellen Spielräume für Stabilisierungspolitik haben. Obendrein dürfte auch die Europäische Zentralbank im nächsten Abschwung kaum Spielraum zur Senkung der Zinsen haben, weil sie trotz der wirtschaftlichen Erholung voraussichtlich noch lange niedrig bleiben werden.“

Fuest beklagte, bei den Verhandlungen über den Brexit gebe es kaum Fortschritte, obwohl der Austrittstermin März 2019 näher komme. „Ein Brexit ohne Einigung wird allen Beteiligten schweren Schaden zufügen. So lange die Probleme der Eurozone und des Brexit ungelöst sind, fehlt der EU die politische Energie, sich den globalen Herausforderungen zu stellen und entsprechend zu handeln. Zu diesen globalen Herausforderungen gehören der Handelskonflikt mit den USA, die Migration, die internationale Sicherheitspolitik und die Behauptung der Interessen Europas in einer immer stärker von China und den USA dominierten Welt.“