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Notarkammer Sachsen-Anhalt: Digitales Erbe – Wie weiter nach dem Facebook-Urteil des BGH?

Magdeburg, den 13. Juli 2018


Facebook-Konto ist vererbbar

Der BGH hat gestern (III ZR 183/17) eine Grundsatzentscheidung zu der bislang
ungeklärten Frage gefällt, ob die Erben ein Recht auf Zugang auf das
Benutzerkonto des Verstorbenen bei einem sozialen Netzwerk haben. Doch die
zunehmende Digitalisierung bringt ein weiteres Problem: Es reicht nicht, dass
der Erbe in die Verträge eintritt und rechtlich auf den digitalen Nachlass
zugreifen kann. Der Erbe muss auch tatsächlich über einen Zugriff verfügen.
Ihm muss also klar sein, wo sich überall digitaler Nachlass befindet.

Tragischer Hintergrund

„Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) lag ein tragischer Fall zugrunde“,
berichtet Dr. Fanny Wehrstedt, Geschäftsführerin der Notarkammer Sachsen-Anhalt.
Ein 15-jähriges Mädchen verstarb, nachdem es aus ungeklärten Umständen von
einer U-Bahn erfasst wurde. Die Mutter erhoffte sich, durch einen Einblick in das
Facebook-Profil ihrer Tochter die Todesumstände aufzuklären. Insbesondere wollte
sie wissen, ob ihre Tochter möglicherweise Suizidgedanken hatte. Die Informationen
waren zudem wichtig, um Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers
abzuwehren. Das Facebook-Konto war allerdings inzwischen in den sogenannten
Gedenkzustand versetzt worden, sodass die Inhalte des Kontos erhalten bleiben,
aber ein Einloggen nicht mehr möglich ist.

Digitale Daten gehen auf die Erben über

Nachdem das Kammergericht Berlin zunächst einen Zugang abgelehnt hatte, stellte
der BGH nunmehr klar, dass im Erbrecht für digitale Inhalte die gleichen Regeln
gelten wie in der analogen Welt. Das Vertragsverhältnis über ein Konto bei einem
sozialen Netzwerk geht daher vollständig auf die Erben über, weshalb diese auch
den vollen Zugang bekommen müssen. Dabei betont das Gericht, dass dem weder
das Fernmeldegeheimnis noch die Höchstpersönlichkeit der Inhalte oder der
Datenschutz entgegen stehen. Auch Tagebücher und persönliche Briefe werden
nach geltendem Recht vererbt, sodass für digitalen Inhalt nichts anderes gelten
könne. Ein Bild auf der digitalen Pinnwand ist erbrechtlich also nichts anderes als ein
Foto im Album, ein Eintrag auf der Seite nichts anderes als ein Brief oder eine
Postkarte. Bis zu dieser Entscheidung des BGH vergingen jedoch acht Jahre, in
denen sich die Mutter durch drei Instanzen ihr Recht erstreiten musste.

Digitalen Nachlass regeln

Mit dem Tod des Verstorbenen gehen grundsätzlich alle Rechte, Pflichten, Verträge
und auch der digitale Nachlass auf den Erben über. Dabei bestimmt zunächst das
Gesetz, wer Erbe wird. „Zu den gesetzlichen Erben gehören prinzipiell Ehegatten,
Kinder oder die Eltern“, erläutert Wehrstedt. Wer nicht möchte, dass nach dem
eigenen Tod ganz persönliche Dinge bekannt werden, der muss – unabhängig von
Alter und Vermögen – aktiv werden. Jeder kann zu Lebzeiten selbst darüber
bestimmen, welche Daten durch welche nahestehende Person eingesehen werden
dürfen und was mit diesen Daten passieren soll. „Eine solche Bestimmung erfolgt in
einem Testament“, so die Notarkammer Sachsen-Anhalt. „Auch um gerichtliche
Streitigkeiten zu vermeiden, ist die eine Regelung zum digitalen Nachlass in der
heutigen Zeit angezeigt“, gibt Wehrstedt zu bedenken. Denn das Urteil des BGH wird
auch über Facebook-Konten hinaus Wirkung haben.

Vorsorge treffen

Doch die zunehmende Digitalisierung bringt ein weiteres Problem: Es reicht nicht,
dass der Erbe in die Verträge eintritt und rechtlich auf den digitalen Nachlass
zugreifen kann. Der Erbe muss auch tatsächlich über einen Zugriff verfügen. Ihm
muss also klar sein, wo sich überall digitaler Nachlass befindet. In der analogen Welt
war dies bislang relativ einfach, da die Sachen typischerweise in der Wohnung lagen.
Die Notarkammer Sachsen-Anhalt empfiehlt die Erstellung einer Übersicht, die
zumindest die wichtigsten Konten und Benutzernamen umfasst. Wer zudem einen
schnellen Zugang sicherstellen will, kann die entsprechenden Passwörter ergänzen
und alles auf einem verschlüsselten USB-Stick – und damit geschützt vor einem
unbefugten Zugriff – speichern. Die Zugangsdaten zum USB-Stick können z.B. in der
Anlage einer Vollmachtsurkunde beim Notar als neutrale Instanz hinterlegt werden.
Erhält der Notar die Auflage, die Anlage einer bestimmten Person erst zugänglich zu
machen, z.B. wenn ihm der Tod durch Sterbeurkunde nachgewiesen ist, ist ein
sicherer Zugriff auf die Übersicht dauerhaft gewährleistet.