header-placeholder


image header
image
M174060

Mercedes-AMG Petronas Motorsport: Großer Preis von Japan 2018 - Vorschau

3. Oktober 2018


Der 17. WM-Lauf der Formel 1-Saison 2018 findet (7.10) auf dem legendären Suzuka Circuit in Japan statt

  • Toto über Japan
  • Feature der Woche: Renn-Unterstützung aus der Ferne
  • Stat-Attack: Japan und mehr


Toto über Japan

Die wahre Stärke eines Teams zeigt sich darin, was die Einzelnen bereit sind für den Erfolg der Gruppe zu opfern. Valtteri war in Sotschi bereit, seinen Sieg aufzugeben, um unseren Doppelsieg abzusichern und dadurch unsere Führung in beiden Weltmeisterschaften auszubauen. Und er hat gesagt, dass er bereit sei, dies morgen zu wiederholen. Das sagt alles, was man über die Qualität und Integrität seines Charakters wissen muss. Valtteri hat in Sotschi bewiesen, dass er ein Grand-Prix-Sieger ist. Er stellte das Auto auf die Pole, kontrollierte das Rennen und hatte die Pace, um es zu gewinnen. Er hat aber auch gezeigt, dass er ein fantastischer Teamplayer ist, wenn wir dies in der Endphase der Saison benötigen.

Es war keine einfache Entscheidung, aber es war die richtige für die Punktesituation, in der wir uns befinden. Ich glaube, jeder von uns war am Sonntag zwischen dem Herzen und dem Kopf hin- und hergerissen. Aber es gibt keine verbindliche Regel oder Matrix, die man darauf anwenden könnte. Egal, über welches Szenario man sich den Kopf zerbricht, eine alte Militärweisheit besagt: „Kein Plan übersteht den ersten Feindkontakt.“ Genau das haben wir im Rennverlauf in Russland erlebt. Jede Entscheidung wird in einem bestimmten Zusammenhang gefällt und uns stehen vor dem Ende des Jahres vielleicht noch mehr harte Momente bevor. Aber wir werden jeden davon einzeln bewerten und uns ihnen gemeinsam als ein starkes Team stellen.

Schlussendlich haben wir Sotschi in beiden Weltmeisterschaften mit einem vergrößerten Vorsprung verlassen. Aber wir sind uns bewusst, dass dies nichts bedeutet, weil unser Kampf mit Ferrari noch lange nicht vorbei ist. Wir dürfen nichts als selbstverständlich ansehen und wir werden in den kommenden Rennen weiter in jedem Bereich voll attackieren. Das Duell gegen Ferrari bleibt extrem eng. Das haben die Pace von Sebastian am Sonntag und der Druck, den er auf uns ausgeübt hat, gezeigt. Lewis war in dieser Woche in Brackley. Er ist hungrig, konzentriert und fest entschlossen, erfolgreich zu sein: es war großartig, zu beobachten, wie stark er sich in dieser Weltmeisterschaft eingebracht hat und wie er seine Leistung seit der Sommerpause auf ein neues Level gehoben hat.

In Suzuka erwartet uns an diesem Wochenende erneut eine Herausforderung. Um diese zu bewältigen, müssen unser Team, unsere Autos und unsere Fahrer in Bestform sein. Die Strecke besitzt ähnliche Züge wie Silverstone, wo wir in diesem Jahr nicht so stark waren wie in den Vorjahren. Wir reisen also in dem Wissen nach Japan, dass wir alle in Topform sein müssen, wenn wir erneut einen Sieg einfahren möchten.

Feature der Woche: Renn-Unterstützung aus der Ferne

Es gibt viele Bezeichnungen dafür, zum Beispiel „Einsatzzentrale“ , „virtuelle Garage“ oder „Mission Control“. Viele davon sind jedoch falsch oder sogar ein bisschen irreführend. Denn sie erfassen den Kern dieses Raums nicht richtig. Deshalb nennen wir ihn „Race Support Room“ (Raum für die Renn-Unterstützung). Aber wie genau funktioniert er?

In Suzuka werden bis zu 60 Teammitglieder an den Autos arbeiten – das ist die maximal erlaubte Anzahl an technischem Personal, die das sportliche Reglement der FIA zulässt, um „in irgendeiner Art und Weise innerhalb des Streckengeländes am Einsatz der Autos beteiligt zu sein“. Abseits der Strecke darf mehr Personal das Rennteam unterstützen, solange sie dafür nicht körperlich am Auto zugegen sein müssen. Bei Mercedes-AMG Petronas Motorsport sitzen sie im „Race Support Room“ oder kurz „RSR“.

Foto: F1, Brackley, Mercedes-AMG Petronas Motorsport, Race Support Room


Wie viele Leute arbeiten im RSR?

Der „Race Support Room“ hat eine maximale Kapazität von 30 Personen. Ein Großteil davon sind Freiwillige; Betriebspraktikanten, die ihre Freizeit opfern, um das Rennteam zu unterstützen. Zusätzlich sind Ingenieure aus verschiedenen Abteilungen anwesend (Reifen-, System- und Renningenieure sowie Aerodynamiker und Strategen). Gleichzeitig ist der RSR aber auch eine Trainingseinrichtung für junge Teammitglieder, die zum Rennteam stoßen möchten.

Wie sind die Aufgaben im RSR verteilt?

Eine der wichtigsten Aufgaben der Betriebspraktikanten ist es, sich die Funksprüche der anderen Teams anzuhören. Das ist seit 2016 möglich, als sich die Teams dazu entschieden haben, die Fahrer wieder über Funk durch ihre Ingenieure zu unterstützen. Diese Form der Kommunikation wurde vor Saisonbeginn 2016 verboten, sodass die Fahrer technische Schwierigkeiten ohne Unterstützung lösen mussten. Die Teammitglieder im RSR beobachten auch die verschiedenen Video-Feeds, um das Rennen aus so vielen Blickwinkeln wie möglich zu verfolgen. Wenn zum Beispiel eines unserer Autos eine Berührung mit einem anderen Fahrzeug hat, suchen sie die richtigen Video-Clips heraus und senden sie so schnell wie möglich an die Aerodynamiker, damit diese das Material analysieren und auf mögliche Schäden am Auto untersuchen können.

Gibt es Aufgaben, die nur im RSR erledigt werden?

Ja, sehr viele sogar. Alle Video-Clips und Audio-Transkripte werden im RSR erstellt. Zusätzlich wird ein Großteil der Überlastüberwachung ausschließlich in der Fabrik in Brackley erledigt. Das RSR-Personal ist zudem dafür zuständig, die Boxengassenzeiten zu messen, die sehr wichtig für die Strategie-Entscheidungen sind. Die Strategen im RSR unterstützen ihre Kollegen an der Strecke und liefern ihnen Input sowie Hintergrundinformationen, damit sie die richtigen Entscheidungen treffen können. Die finale Strategie-Entscheidung wird jedoch immer am Kommandostand an der Rennstrecke getroffen.

Wie wird das Personal für den RSR geschult?

Wer als Ingenieur für den Streckeneinsatz ausgebildet wird, durchläuft normalerweise den RSR als erste Stufe der Ausbildung. Bevor man an einem Rennwochenende eingesetzt wird, verbringt man mindestens ein Jahr im RSR und sammelt erste Streckenerfahrung bei Testfahrten.

Abgesehen von dieser Ausbildung am Arbeitsplatz hilft der RSR auch bei der Weiterentwicklung von jungen Absolventen und Betriebspraktikanten, die an einer Session „Racing 101“ teilnehmen. Dieses Meeting wird am Sonntagvormittag vor dem Rennen abgehalten und dazu verwendet, alle möglichen Fragen zu beantworten. Es gibt nur eine grundlegende Regel: es gibt keine dummen Fragen!

Ist es ein großer Nachteil für die Teammitglieder im RSR, nicht an der Strecke vor Ort zu sein?
Nein, tatsächlich ist es sogar ein Vorteil. Die Tatsache, dass sie nicht am Auto arbeiten können, gibt ihnen einen klaren Fokus. Sie achten auf das Gesamtbild und analysieren, wie wir uns im Vergleich zur Konkurrenz schlagen. Sie sehen sich auch die unterschiedlichen Systeme des Autos an und erkennen, ob sie wie gewünscht funktionieren. Wenn etwas nicht wie geplant läuft, ist Hilfe gleich um die Ecke – besonders am Freitag, wenn die Fabrik voll besetzt ist. Der RSR liegt direkt neben dem Designbüro, in dem sie dann mit der Person sprechen können, die das Teil entworfen hat. Außerdem gibt es im RSR Systemingenieure, die auf die Zuverlässigkeit des Autos achten und die Daten bestimmter Systeme überwachen. Sie achten zum Beispiel auf die Belastung der Aufhängung, wenn das Auto über einen Kerb fährt und stellen sicher, dass diese nicht zu hoch ist und die Aufhängung nicht beschädigt wird. Wenn ein Systemingenieur in den Daten einen Hinweis darauf findet, der auf einen bevorstehenden Defekt hindeutet, in dessen Folge der Einsatz des Autos gefährdet wäre, informiert er sofort den Chefingenieur. Dieser ist für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Autos zuständig und hat die Befugnisse, das Auto notfalls an die Box zu rufen.

Hat der RSR Zugriff auf die gleichen Daten wie die Leute an der Strecke?

Ja, die RSR-Mannschaft erhält innerhalb einer Sekunde Zugriff auf die vollständigen Telemetriedaten von der Strecke. Gleichzeitig haben die Ingenieure an der Strecke Zugriff auf alle Daten, die im RSR erstellt werden. Im Verlauf eines Rennwochenendes werden rund 120 Gigabyte an Daten von der Strecke an den RSR gesendet und ungefähr die gleiche Datenmenge geht in die andere Richtung. Der RSR hat auch Zugriff auf die gleichen Funksprüche wie die Crew an der Strecke und das mit nur minimaler Verzögerung. Bei einem Europarennen beträgt die Latenz rund 0,3 Sekunden. In Australien liegt die Verzögerung bei rund 0,7 Sekunden und beim anstehenden Großen Preis von Japan sind es rund 0,5 Sekunden.

Wie ist der RSR aufgebaut?

Das Team verwendet einen eigenen Raum, der wie ein Kinosaal aufgebaut ist und in dem alle in die gleiche Richtung blicken. Dadurch können sie an ihren jeweiligen Aufgaben auf den drei Monitoren vor ihnen arbeiten und die allgemeinen Informationen den großen Bildschirmen an der Wand entnehmen. Der Hauptbildschirm zeigt die On-Board- und Boxengassen-Feeds von der Strecke, eine Timing-Seite und die Rennanalyse-Software. Jeder Platz im RSR ist mit einer Sprechanlage ausgestattet, sodass jeder auf die Funkkanäle zugreifen kann, die für seine oder ihre Rolle benötigt werden. Während diese Form der Kommunikation wichtig ist, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, benötigt sie zu Beginn auch etwas Einarbeitungszeit. Wenn das Team Gäste in den RSR einlädt, nehmen sie ihre Kopfhörer zunächst wieder ab, weil sie von den vielen Funksprüchen auf den rund 30 Kanälen, die das Team verwendet, schier überwältigt sind.

Gibt es in Brixworth auch einen RSR?

Ja, bei Mercedes-AMG High Performance Powertrains (HPP) in Brixworth gibt es einen ähnlichen Raum, der allerdings als TSO (kurz für „Track Support Office“) bezeichnet wird. Das Personal im TSO betreut nicht nur die Power Units im Mercedes-AMG F1 W09 EQ Power+, sondern auch die Mercedes-Motoren von Force India und Williams.

Bild: Formel 1 - Mercedes-AMG Petronas Motorsport, Großer Preis von Russland 2018. Lewis Hamilton, Valtteri Bottas

Stat-Attack: Japan