Die Eheleute konnten die Freude über diese offiziellen Besuche nicht verbergen, und so ergab sich ein munteres Gespräch über Leben, Land und Leute. Während Lieselotte waschechte Frohsianerin ist, deren Frohsinn auch im Alter von 84 Jahren noch nicht nachgelassen hat, kommt der 88-jährige Rudi aus dem heute polnischen Küstrin, aus dem er 1945 flüchten musste.
Er erlebte eine Odyssee durch mehrere ostdeutsche Regionen, wurde dabei nebenher auch Bäckergeselle. Am 22. Dezember des Jahres 1951 passierte es dann: Lilo wollte eine Freundin in Berlin besuchen, doch in der Eisenbahn widerfuhr ihr etwas, was man wohl als Weihnachtsgeschenk des Lebens bezeichnen könnte.
Ein Herr namens Rudi konnte sie nicht mehr aus den Augen lassen und nahm sich schließlich ein Herz, sie anzusprechen. Was folgte, waren zuerst Liebesbriefe und dann die große Liebe. Geheiratet wurde 1953 im Schönebecker Rathaus, durch dessen Fenster die Sonne lachte. Und der Fixstern hat das Gemüt der Jubilare wohl bis heute beeinflusst. Mit diesem Hintergrund stolz auf die Geburt zweier Töchter, konnten sich Lilo und Rudi später über sage und schreibe neun Urenkel freuen.
Ab 1961 studierte Rudi in Magdeburg Chemie, wo sie auch eine gemeinsame Wohnung hatten. 1967 zogen sie nach Schönebeck (zurück), weil sie eine Anstellung im damaligen Traktorenwerk fanden – er als Technologe und sie in der TKO, einer Art Gütekontrolle. Von der Johannes-R.-Becher-Straße zogen sie später in die Moskauer Straße, aber es zog sie damals immer wieder auch in ihren Garten in der Sparte „Grüne Hoffnung“, wo sie sich mit Freunden trafen und nicht selten schön feierten, wie das in der DDR so üblich war.
Die Freizeit verbrachten sie auch mit schönen Reisen, vom Camping am Kolumbussee oder in die CSSR vor der Wende bis nach Italien, in die Alpen oder in die Türkei nach der Wende. Das Geheimnis ihrer eisernen Beziehung? „Das ist wie im Straßenverkehr: Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme“, sagt Rudi trocken. Und Lieselotte fügt hinzu: „Wir machen fast alles zusammen, man sagt, wir sind wie unter einer Glucke…“ Tja, da hat das Leben mit dem Ehepaar Lehmann etwas sehr Beständiges ausgebrütet.