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Fraktion DIE LINKE: Aufklärung ist notwendig - Ministerin Keding muss zurücktreten, um den Weg frei zu machen

Zu den aktuellen Medienberichten im Fall Oury Jalloh erklären der 
Fraktionsvorsitzende Thomas Lippmann und die innenpolitische Sprecherin 
Henriette Quade:

Laut Bericht der MZ hielt es der Leitende Oberstaatsanwalt in Dessau 
für möglich, dass Oury Jalloh angezündet wurde, um weitere Todesfälle in 
Polizeigewahrsam in Dessau zu vertuschen.

Die These selbst ist nicht neu. Fast 13 Jahre lang mussten sich 
diejenigen, die Sie ausgesprochen haben und die sagten ,Oury Jalloh-das 
war Mord!' als Verschwörungstheoretiker, Spinner, Nestbeschmutzer und 
Unruhestifter gegen Staat und Gesellschaft beschimpfen und 
kriminalisieren lassen. 13 Jahre lang versuchte die Initiative in 
Gedenken an Oury Jalloh Ermittlungen, die auch diesen Thesen nachgehen, 
anzuschieben und scheiterte damit. Kritik an der bisher geleisteten 
Aufklärungsarbeit wurde noch in der letzten Landtagssitzung als 
unzulässiges Misstrauensvotum gegen Polizei und Justiz und Missachtung 
der Gewaltenteilung dargestellt.

Neu ist, dass ein Staatsanwalt diese These aufgrund aktueller 
Erkenntnisse für möglich hält. Die aktuelle Berichterstattung zeigt: 
Aufklärung ist notwendig! Der Fall Oury Jalloh muss auf mehreren Ebenen 
untersucht werden: Juristische Aufklärung ist genauso notwendig, wie 
politische. Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte darüber, warum 
so wenige Menschen und noch weniger verantwortliche Stellen dem Tod 
eines Menschen in Polizeigewahrsam ergebnisoffen nachgehen wollten und 
welche Rolle institutioneller Rassismus dabei spielt.

Konkret muss der Frage nachgegangen werden, welche Konsequenzen sich für 
den polizeilichen Alltag ergeben.  2014 hat der Landtag es abgelehnt, 
die Praxis polizeilicher Ingewahrsamnahme auf den Prüfstand zu stellen. 
Genau das muss aber geschehen. Dazu gehört zwingend auch eine erneute 
Untersuchung des Todes von Mario Bichtemann und des Todes von 
Hans-Jürgen Rose.

Dazu braucht es eine unabhängige und umfassende Untersuchung aller im 
Zusammenhang mit dem Tod Oury Jallohs stehenden Fragen durch eine 
unabhängige internationale Expertenkommission und endlich juristische 
Aufklärung. Dass diese außerhalb Sachsen-Anhalts erfolgen muss, liegt 
auf der Hand. Umso absurder ist die Weigerung des Generalbundesanwaltes, 
den Fall zu übernehmen.

Zudem ist das aktuelle Informationsverhalten des Justizministeriums mehr 
als erklärungsbedürftig und muss ebenfalls untersucht werden. Denn nach 
wie vor gilt: Ohne investigativen Journalismus, die Nebenklage und die 
Arbeit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh wüssten weder 
Abgeordnete, noch Öffentlichkeit von diesen staatsanwaltschaftlichen 
Einschätzungen. Sie wurden zum Teil sogar gegenteilig, also falsch, 
informiert. Dieser Verantwortung für Aufarbeitung muss sich Politik in 
Sachsen-Anhalt stellen.

Auch das wird Aufgabe eines mittlerweile dringend notwendigen 
Untersuchungsausschusses sein müssen, genauso wie die Frage, warum die 
ermittelnde Instanz der Justiz erst nach 12 Jahren bereit war, diesen 
Möglichkeiten nachzugehen.

Dass dem Rechtsausschuss verschwiegen wurde, dass die Staatsanwaltschaft 
Dessau diese Möglichkeit sah, ist ein Skandal, und reiht sich ein in die 
in wesentlichen Punkten offenbar nicht den Tatsachen entsprechende 
Darstellung der Ergebnisse der Gutachter und der Konsequenzen, die sich 
aus Sicht der Staatsanwaltschaft Dessau ergaben. Justizministerin Keding 
trägt dafür die Verantwortung und muss die Konsequenzen ziehen. Bereits 
jetzt ist durch diese Politik der Nichtinformation und Falschinformation 
ein erheblicher Vertrauensverlust in die Justiz entstanden. Ministerin 
Keding muss zurücktreten, auch um weiteren Schaden vom Amt abzuwenden."


Magdeburg, 7. Dezember 2017