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Bildquelle St. Vinzenz Hospital Prof. Dr. Stephan Schneider Portr  t

Gesundheits News: "Hitze statt OP - Expertentipp bei Schilddrüsenvergrößerung“

Donnerstag, den 15. November 2018


Prof. Stephan Schneider, Chefarzt der Inneren Medizin II, Endokrinologie und Diabetologie im St. Vinzenz-Hospital Köln beantwortet 6 Fragen zur Schilddrüse


 

  1. Welche Aufgabe hat die Schilddrüse in unserem Körper?

„Die Schilddrüse besteht aus einem linken und einem rechten Lappen, die unterhalb des Kehlkopfes liegen. Durch eine Verbindung der beiden Lappen in der Mitte erinnert die Schilddrüse in ihrer Form an einen Schmetterling. Sie bildet das Stoffwechselhormon Thyroxin, das die Funktion von Herz, Nerven, Kreislauf und Muskeln reguliert. Eine krankhafte Vergrößerung der Schilddrüse, medizinisch Struma genannt, gilt als häufigste Störung dieses Organs. Mediziner unterscheiden zwischen der Struma diffusa, die die gesamte Schilddrüse betrifft, und der Struma nodosa, bei der eine Vergrößerung durch Knoten auftritt. Dabei muss das Struma, umgangssprachlich auch als Kropf bezeichnet, nicht zwingend die Funktion der Schilddrüse beeinflussen. Sie kann jedoch sowohl eine Überfunktion, Hyperthyreose genannt, als auch eine Unterfunktion, Hypothyreose, zur Folge haben.“

2. Welche Symptome zeigen sich und was ist die Ursache?

„Ertastbare Knoten am Hals deuten auf eine Vergrößerung der Schilddrüse hin. Betroffene spüren im Hals zudem einen beengenden Druck. Auch Heiserkeit oder Schluckbeschwerden, die länger als zwei Wochen anhalten, können auf eine Schilddrüsenvergrößerung hindeuten. Zur genaueren Diagnose sollte ein Arzt eine Ultraschalluntersuchung sowie eine Untersuchung der Blutwerte durchführen. Neben Immunkrankheiten wie Morbus Basedow gilt Jodmangel als häufigste Ursache für eine Vergrößerung der Schilddrüse. Steht das Element dem Organ nicht genügend zur Verfügung, soll die Vergrößerung eine verbesserte Nutzung des vorhandenen Jods gewährleisten.“

3. Ist eine Schilddrüsenvergrößerung immer gefährlich?

„Etwa ein Viertel der Deutschen hat einen oder mehrere Schilddrüsenknoten, Männer dabei fünfmal so häufig wie Frauen. Lediglich fünf Prozent der Knoten lassen sich als bösartig kategorisieren. Um dies herauszufinden, führen Mediziner eine Kombination aus Ultraschall und Schilddrüsen-Szintigrafie durch. Bei einer Szintigrafie spritzt der Arzt dem Patienten schwach radioaktive Substanzen und misst dann ihre Ansammlung in der Schilddrüse. Inaktive Bereiche der Schilddrüse reichern die Substanz nicht an. Mediziner bezeichnen diese als kalte Knoten. Warme beziehungsweise heiße Knoten produzieren mehr Hormone als die übrigen Regionen der Schilddrüse. Lediglich kalte Knoten, die im Ultraschall schwach reflektieren, weisen auf eine bösartige Veränderung hin. In diesem Fall erfolgt eine Gewebeentnahme zur näheren Bestimmung.“

4. Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

„Neben einer operativen Entfernung der Schilddrüse setzen Mediziner häufig die sogenannte Radiojodtherapie ein, bei der Patienten eine geringe Menge radioaktiven Jods zu sich nehmen. Die Substanz schädigt die erkrankten Zellen der Schilddrüse von innen heraus, beeinflusst ihre Regenerationsfähigkeit und zerstört sie schließlich. In manchen Fällen liegt eine so geringe Vergrößerung vor, dass Mediziner sie lediglich durch Ultraschall oder andere bildgebende Verfahren entdecken. Leiden Betroffene nicht unter Beschwerden, muss kein operativer Eingriff erfolgen. Liegen allerdings Schluckbeschwerden oder Druckgefühle im Hals vor, die bis zur Atemnot führen, empfehlen Mediziner eine Operation.“

5. Gibt es alternative Behandlungsmethoden?

„Neben den aufgeführten Therapien führen wir seit einiger Zeit als eine von wenigen Kliniken in Deutschland die sogenannte Thermoablation der Schilddrüse durch. Bei diesem nicht operativen Verfahren führen wir eine kleine Sonde in den Schilddrüsenknoten ein und erzeugen durch einen Mikrowellen-Generator Wechselstrom. Die entstehende Wärme von rund 60 Grad Celsius zerstört die betroffenen Drüsenzellen, sodass sie absterben. Nach und nach baut sie dann das körpereigene Abwehrsystem ab. Während des Eingriffs sorgt eine Wasserkühlung dafür, dass die Hitze das gesunde Gewebe nicht schädigt. Wir betäuben hierbei lediglich die Haut, und zwar dort, wo der Einstich stattfindet, eine Narkose ist nicht notwendig und die Behandlung nach rund 20 Minuten bereits abgeschlossen.“

6. Lässt sich einer Schilddrüsenvergrößerung vorbeugen?

„Da Jodmangel als eine Hauptursache für die Schilddrüsenvergrößerung gilt, sollten besonders Menschen mit einem erhöhten Bedarf, wie Schwangere oder Frauen in der Stillzeit, auf eine ausreichende Versorgung achten. Der Jodgehalt von Lebensmitteln hängt dabei mit dem natürlichen Gehalt des Elements in Boden und Trinkwasser zusammen und unterliegt starken regionalen Schwankungen. Generell zählt Deutschland zu den jodarmen Gebieten. Um einer allgemeinen Unterversorgung vorzubeugen, wird beispielsweise Speisesalz mit diesem Element angereichert. Als geeignete Vorsorge gilt vor allem eine ausgewogene Ernährung, die insbesondere den regelmäßigen Verzehr von Seefisch, wie Kabeljau oder Seelachs, aber auch Mozzarella oder Feldsalat beinhaltet.“


Bildquelle: St. Vinzenz-Hospital / Prof. Dr. Stephan Schneider