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Richterhammer, 08 Uhr

Dieselfahrverbot für Aachen ab dem 1. Januar 2019 zu 98 % wahrscheinlich

14. Juni 2018

Verwaltungsgericht Aachen vom 08.06.2018

Das Land Nordrhein-Westfalen ist mit soeben verkündetem Urteil der 6. Kammer verurteilt worden, den Luftreinhalteplan für Aachen so fortzuschreiben, dass dieser zum 1. Januar 2019 die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Jahresmittelwerts für Stickstoffdioxid (NO²) im Stadtgebiet (40 µg/m³) enthält. Dabei hat das Land die Rechtsauffassung des Gerichts zur Zulässigkeit und Verhältnismäßigkeit von Dieselfahrverboten zu beachten. Damit hat die Klage der Deutschen Umwelthilfe Erfolg.

Zur Begründung hat der Vorsitzende Richter Peter Roitzheim in der mündlichen Verhandlung ausgeführt:

Die Deutsche Umwelthilfe habe gegen das Land Nordrhein-Westfalen einen Anspruch auf Änderung des Luftreinhalteplans für die Stadt Aachen.

Der Grenzwert für Stickstoffdioxid (im Jahresmittel 40 µg/m³), der seit dem 1. Januar 2010 zwingend einzuhalten sei, sei an drei Messstellen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW und zudem an sieben Messstellen der Stadt teilweise deutlich überschritten. Die Maßnahmen des derzeitigen Luftreinhalteplans, mit denen die Einhaltung des Grenzwertes sichergestellt werden sollte (z. B. Ausweitung der Umweltzone, Nachrüstung der Busflotte, Förderung des ÖPNV), seien nicht ausreichend. Das folge bereits daraus, dass selbst bei konsequenter Verwirklichung aller im aktuellen Luftreinhalteplan festgelegten Maßnahmen die geforderte Einhaltung nicht vor dem Jahre 2025 zu erwarten sei. Das widerspreche den Vorgaben der maßgeblichen EU-Richtlinie. Sie fordere, dass der Zeitraum, in dem der Grenzwert nicht eingehalten werde, so kurz wie möglich sei. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe in parallel gelagerten Fällen eine Einhaltung der Grenzwerte erst im Jahre 2020 bzw. 2024 nicht ausreichen lassen. Es gebe aber Maßnahmen, die in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden könnten und die eine schnellstmögliche Einhaltung des Grenzwertes für die Stickstoffdioxid gewährleisten würden. Abschließende belastbare Zahlen zu den Auswirkungen der einzelnen in Betracht kommenden Maßnahmen, zu denen auch ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge zählt, lägen aber noch nicht vor; diese seien in den nächsten Wochen zu erwarten.

Für die Stadt Aachen sei, wie das Ergebnis einer Studie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW aus dem Jahre 2017 zeige, dass ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge mit hoher Wahrscheinlichkeit das einzig geeignete Mittel, um schnellstmöglich die hier erforderliche Reduzierung der Stickstoffdioxid-Werte im zweistelligen µg/m³-Bereich zu erzielen. Andere Maßnahmen kämen auch in Betracht; das Gericht könne sich aber nicht vorstellen, welche das sein sollten. Das beklagte Land NRW und die Stadt Aachen müssten sich daher mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Dieselfahrverbot ab dem 1. Januar 2019 einstellen und ein solches konkret vorbereiten. Dabei sei – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – auch zu prüfen, ob streckenbezogene Fahrverbote ausreichen würden oder ob Verbote für ganze Zonen erforderlich wären. Dies müsse durch Gutachter geklärt werden und sei nicht Aufgabe des Gerichts. Für ein Zonenfahrverbot sei auch zu erwägen, ob eine phasenweise Einführung geboten sei (z. B. erst Geltung für ältere Fahrzeuge bis zur Abgasnorm Euro 4, später auch für die neueren Euro-5-Fahrzeuge) und ob bestimmte Ausnahmen zu machen seien (etwa für Anwohner oder Handwerker).

Gegen das Urteil können das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Aachen Berufung einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.

Aktenzeichen 6 K 2211/15