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Richterhammer, 08 Uhr

Ehefrau geht nach Tod des Ehemannes leer aus!

15. Oktober 2018

Oberlandesgericht Hamm vom 05.10.2018

Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs einer Ehefrau wird der Nachlass im Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde gelegt, wozu ein noch lebzeitig auf den Sohn des Erblassers übertragener Hof nicht mehr gehört.Das hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20.07.2018 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Bad Oeynhausen (Az. 9aLw 42/16) bestätigt.

Der im Februar 2015 im Alter von 78 Jahren verstorbene Erblasser war Landwirt und Eigentümer eines Hofes in Bad Oeynhausen mit einer Gesamtgröße von 17,17 ha und einem zuletzt im Jahr 2002 festgestelltem Wirtschaftswert von etwa 49.000 Euro. Seit dem Jahr 1999 lebte er von seiner Ehefrau - der Antragstellerin - getrennt, ohne dass sie sich hätten scheiden lassen. Aus der Ehe der im gesetzlichen Güterstand verheirateten Eheleute sind zwei Kinder hervorgegangen, der Antragsgegner und seine Schwester.

Im Oktober 1998 übertrug der Erblasser seinen Hof zunächst aufschiebend bedingt durch seinen Tod auf den Antragsgegner. Mit Testament vom März 2002 setzte er den Antragsgegner zudem testamentarisch zum Hoferben und zum alleinigen Erben seines hoffreien Vermögen sein; Erbansprüche seiner Tochter sowie der Antragstellerin schloss er ausdrücklich aus. Im Juli 2002 übertrug er notariell im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen Hof auf den Antragsgegner, was von der Antragstellerin im Oktober 2003 genehmigt worden ist. Kurz nach seiner Eintragung im Grundbuch veräußerte der Antragsgegner im April 2004 den Hof an eine Dritte.

Nach dem Tod des Erblassers hat die Antragstellerin den Antragsgegner auf Zahlung eines (Mindest-)Pflichtteils von etwa 6.100 Euro ausgehendvon dem Wirtschaftswert des Hofes in Anspruch genommen.

Diesen Zahlungsantrag hat das Landwirtschaftsgericht mit der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Der Antragstellerin stünde -so das Landwirtschaftsgericht - wegen der lebzeitigen Hofübereignung kein Pflichtteilsanspruch zu, da der Hof beim Tod des Erblassers nicht mehr zum Nachlass gehört habe. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch der Antragstellerin scheitere daran, dass seit der Übertragung des Hofes mehr als zehn Jahre verstrichen seien. Ihr stünde auch kein Anspruch auf Abfindung als Miterbin zu, da sie wegen ihrer ausdrücklichen Enterbung im Testament vom März 2002 weder zum Zeitpunkt der Hofübereignung noch zum Zeitpunkt des Erbfalles Miterbin gewesen sei.

Der für Landwirtschaftssachen zuständige 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgrund einer von der Antragstellerin erhobenen Beschwerde überprüft; die Beschwerde blieb allerdings ohne Erfolg. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, ein Abfindungsanspruch zugunsten der Antragstellerin nach§ 12 Abs. 1 HöfeO scheide aus, weil die Antragstellerin nach ihrer Enterbung mit dem Testament vom März 2002 weder zum Zeitpunkt der Hofübertragung noch bei Eintritt des Erbfalls Miterbin nach dem Erblasser gewesen sei.

Auch ein Pflichtteilsanspruch nach § 2303 BGB stünde der Antragstellerin nicht zu. Bei der Berechnung des Pflichtteils sei nämlich auf den Bestand und Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Hof allerdings aufgrund der lebzeitigen Übertragung nicht mehr zum Nachlass gehört, weshalb er bei der Berechnung des Pflichtteils keine Berücksichtigung mehr finden könne.

Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht aus der Regelung des §17 Abs. 2 HöfeO, wonach - wenn der Eigentümer den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an den hoferbenberechtigten Abkömmling übergebe - zugunsten der anderen Abkömmlinge der Erbfall hinsichtlich des Hofes als eingetreten gelte. Denn nach ihrem eindeutigen Wortlaut finde diese Regelung nur zugunsten der anderen Abkömmlinge des Erblassers und nicht auch zugunsten des überlebenden Ehegatten Anwendung.

Darüber hinaus bestehe im Gesetz auch kein Anhaltspunkt dafür, den Pflichtteilsanspruch des enterbten Ehegatten, der erst mit dem Tod des Erblassers entstehe, unter Berücksichtigung des Wertes des zu Lebzeiten des Erblassers übertragenen Hofes zu berechnen. Hierfür gebe es auch kein Bedürfnis, da die Hofübertragung mit Rücksicht auf das Zustimmungserfordernis des Ehegatten gemäß § 1365 BGB regelmäßig nicht ohne Mitwirkung des Ehegatten erfolgen könne und dem Ehegatten- so wie jedem enterbten Pflichtteilsberechtigten - der im Gesetz vorgesehene Pflichtteilsergänzungsanspruch bleibe. Der letztgenannte Anspruch scheide hier aber schon deshalb aus, weil die Übertragung des Hofes mehr als zehn Jahre zurückliege.

Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.07.2018 (Az. 10 W 97/17 OLG Hamm)