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Sachsen-Anhalt News: Mehr Selbstbestimmung durch neue Wohnformen im Alter

Halle. Um im Alter und bei Pflegebedürftigkeit eine gute Lebensqualität und Teilhabe am sozialen Leben beizubehalten, nutzen Sachsen-Anhalter zunehmend neue Wohnformen.

Das ist das zentrale Thema, das heute bei der fünften Auflage des Runden Tisches Pflege in der Hallenser Paul-Riebeck-Stiftung diskutiert wurde. "Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass der alternde Mensch so lange wie möglich in seiner vertrauten Umgebung bleiben möchte", sagte Petra Grimm-Benne (Foto), Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration, im Vorfeld der Veranstaltung. Mit Blick auf den demografischen Wandel stehe Sachsen-Anhalt mit der bundesweit dritthöchsten Pflegequote und einer überdurchschnittlich stark alternden Bevölkerung vor großen Herausforderungen.

Dabei haben sich als Alternative neben den klassischen Altenpflegeheimen einerseits verschiedene Formen des betreuten Wohnens als Einzel-, Paar- oder Familienwohnen herausgebildet. Andererseits haben sich ambulant betreute Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige oder für Menschen mit Behinderungen herausgebildet. In der Regel wohnen acht bis zwölf Menschen gemeinsam in einer großen Wohnung oder einem Haus. Dienstleistungsanbieter wie ambulante Pflegedienste, Präsenzkräfte zur Regelung der Alltagsorganisation oder Anbieter für Hauswirtschaft oder Betreuung werden von den Bewohnerinnen und Bewohnern je nach Bedarf ausgewählt. "Diese Wohnform ermöglicht es, ein selbstbestimmtes, individuelles sowie unabhängiges Leben in einem gemeinsamen Haushalt zu führen", sagt Grimm-Benne.

Das Wohn- und Teilhabegesetz des Landes Sachsen-Anhalt (WTG LSA) hat dafür die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes hat sich die Anzahl der entstandenen Wohnformen kontinuierlich erhöht. Zählte das Land im Jahr 2011 noch acht nicht selbst organisierte Wohngemeinschaften (WG) mit 106 Plätzen, so waren es 2016 insgesamt 51 WGs mit 494 Plätzen. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Zahl der selbstorganisierten WGs von 16 mit 157 Plätzen auf mehr als 50 mit 486 Plätzen. "Finanzielle Anreize haben vor allem das Pflegeneuausrichtungs- und die Pflegestärkungsgesetze gesetzt und dieser Entwicklung einen neuen Schub gegeben", sagt Grimm-Benne. Diese Entwicklung müsse weiterhin gefördert werden.

"Die Resonanz in der Bevölkerung ist positiv, es gibt kaum Probleme, neue Bewohner zu finden", erklärt Referent Pablo Rischard vom Institut AGP Sozialforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg/Breisgau. Es lohne sich, in neue Konzepte zu investieren und sich aufzumachen, "sorgende Gemeinschaften" vor Ort aufzubauen. "Neue Wohnformen stellen einen Baustein dar, der die Zukunftsfähigkeit unserer Dörfer und Städte in Zukunft mit ausmachen wird", sagt Rischard.

Jost Riecke, Direktor des Verbands der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt (VDW), stellte innovative Ansätze im Land vor. Er forderte unter anderem integrierte Stadt- und Gemeindeentwicklungskonzepte, regionale Netzwerke von familiärem, nachbarschaftlichem und bürgerschaftlichem Engagement sowie eine ressortübergreifende Zusammenarbeit der Kompetenzträger von Bau/Technik, Gesundheit, Soziales und Verwaltung. "Selbstbestimmtes und angemessenes Wohnen im Alter darf kein Luxusgut werden", sagte Riecke.

Hintergrund:

In Halle/Saale werden laut Statistischem Landesamt von insgesamt 10.221 Pflegebedürftigen 71,4 Prozent durch Angehörige oder ambulante Pflegedienste zu Hause versorgt, während 28,6 Prozent in stationären Einrichtungen lebt. Das entspricht annähernd dem Landesdurchschnitt (71 Prozent ambulant zu 29 Prozent stationär).

Die Leistungserbringung wird somit hauptsächlich von der Familie, von 61 professionellen ambulanten Pflegediensten und 59 stationären Pflegeeinrichtungen mit 3194 Plätzen geleistet. Daneben gibt es im Stadtgebiet neun nicht selbst organisierte WGs mit 86 Plätzen und neun der Heimaufsicht bekannte selbstorganisierte WGs mit 78 Plätzen.

Der Leitfaden "Ambulant betreute Wohngemeinschaft in Sachsen-Anhalt", der im Rahmen der Demografie-Allianz erstellt wurde, ist über den Internetauftritt des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration abrufbar unter: www.ms.sachsen-anhalt.de/<http://www.ms.sachsen-anhalt.de/>