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Oberlandesgericht Naumburg: Hauptverhandlung im "Tierschützer-Fall"

Termin zur Hauptverhandlung am 22. Februar 2018, 14:00 Uhr, über die Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Freisprüche im "Tierschützer-Fall"

 

 

Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg hat über die Revision der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Magdeburg zu entscheiden, das den vom Amtsgericht Haldensleben ausgesprochenen Freispruch der Angeklagten von dem Vorwurf des gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs bestätigt hat.

Nach den Feststellungen des Landgerichts sind die drei Angeklagten Mitglieder einer Tierschutzorganisation.  


Aus einem Hinweis erfuhren die Angeklagten, dass in den Stallungen eines Tierzuchtunternehmens diverse Verstöße gegen die seit dem 1. Januar 2013 geltende Tierschutznutztierhaltungsverordnung vorliegen sollten. So seien insbesondere die Kastenstände für Schweine deutlich zu klein. Aus vorherigen Fällen verfügten die Angeklagten über die Erfahrung, dass eine Anzeige bei der zuständigen Behörde ohne dokumentierte Beweise nicht erfolgversprechend war. In den Nachtstunden des 29. Juni und des 11. Juli 2013 überstiegen jeweils zwei der Angeklagten in desinfizierter Schutzkleidung die Umzäunung der Anlage und betraten über geöffnete Türen die Ställe, um dort Filmaufnahmen zu fertigen. Sie stellten Verstöße gegen die vorgeschriebenen Haltungsbedingungen fest und dokumentierten diese filmisch. Die Angeklagten handelten hierbei auf Grund ihres stark ausgeprägten Mitgefühls für Tiere mit dem Ziel, die zuständigen staatlichen Stellen dazu zu veranlassen, auf die Einhaltung der Tierschutzregeln hinzuwirken.


Das Amtsgericht Haldensleben hat die Angeklagten freigesprochen. Die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Magdeburg verworfen. Allerdings hätten die Angeklagten den objektiven Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt, weil sie in das befriedete Besitztum des Tierzuchtunternehmens eingedrungen seien. Die Verletzung des Hausrechts sei jedoch  unter dem Gesichtspunkt der Nothilfe und des Notstandes gerechtfertigt gewesen. Der Tierschutz sei als Staatsziel verfassungsrechtlich geschützt. Daher stelle das Recht der Tiere auf eine tierschutzgerechte Haltung ein notstandsfähiges Rechtsgut dar. Aber auch menschliche Empfinden in Form des Mitgefühls für Tiere werde durch die Regeln des Tierschutzes geschützt, weshalb gegen Tierquälerei Nothilfe zulässig sein müsse.


Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision gegen die Freisprüche und erstrebt die Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht Magdeburg.


Die Hauptverhandlung findet am Donnerstag, den 22. Februar 2018, um 14:00 Uhr im Plenarsaal des Oberlandesgerichts Naumburg statt.



Zu den anwendbaren Vorschriften:


§ 123 Hausfriedensbruch

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.


§ 32 Notwehr

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.


§ 34 Rechtfertigender Notstand

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Das gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.