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Stiftung Warentest : WLan im ICE.

Wie gut klappt das 2.-Klasse-Surfen in der Bahn?

Seit Anfang des Jahres können Bahnreisende im ICE auch in der 2. Klasse kostenlos über WLan im Internet surfen. Die Stiftung Warentest hat geprüft, wie gut das in der Praxis klappt. Viele hundert Kilo­meter sind unsere Tester mit ihren Mess­geräten im ICE durch Deutsch­land gefahren, um zu ermitteln, welche Qualität das neue WLan der Deutschen Bahn bietet.

Surfen auch mit reduziertem Über­tragungs­tempo noch gut möglich

Kostenlose Internetnut­zung über WLan bietet die Bahn seit Neuestem auch ihren ICE-Kunden in der 2. Klasse an. Anders als in der 1. Klasse wird das Tempo allerdings gedrosselt, wenn das Daten­volumen 200 Megabyte über­schreitet. Die durch­schnitt­liche Daten­über­tragungs­rate lag nach unseren Messungen aber selbst dann noch bei immerhin rund 600 Kilobit pro Sekunde. Das ist deutlich mehr als die meisten Mobil­funkanbieter ihren Kunden nach Verbrauch des vereinbarten Daten­volumens zur Verfügung stellen. Bahnreisende können mit einer Daten­über­tragungs­rate dieser Qualität problemlos surfen und ihre Mails checken. Selbst Filme lassen sich bei diesem Tempo unter Umständen noch streamen – wenn auch in nied­riger Bild­qualität.

Erhebliche Tempo­schwankungen

Ob gedrosselt oder ungedrosselt – das Surftempo schwankte im Verlauf der Fahrten teil­weise erheblich. Im Extremfall kam gar keine Verbindung zum Internet zustande, des Öfteren standen unseren Testern auf der Bahn­strecke zwischen Berlin und Frank­furt am Main jedoch auch Daten­raten von bis zu rund 2,5 Megabit pro Sekunde zur Verfügung. Damit lassen sich auch problemlos Filme in gehobener Bild­qualität streamen. Durch­schnitt­lich lag die gemessene, ungedrosselte Daten­rate während der Test­phase bei rund 1 000 Kilobit pro Sekunde. Das ist immerhin nahezu die dreifache UMTS-Geschwindig­keit. In der 1. Klasse können sich Nutzer unbe­grenzt mit hohem Tempo im Netz bewegen, das heißt ohne Volumen­begrenzung. Zur Orientierung: Wer online einen Kino­film streamen möchte, benötigt in etwa ein Daten­volumen von mindestens 500 Megabyte.

Je mehr gleich­zeitig surfen, umso lang­samer gehts voran

Die Tempo­schwankungen können mehrere Gründe haben. Je mehr Fahr­gäste das zuginterne WLan nutzen, umso geringer ist die Band­breite für jeden einzelnen. Die Fahr­gäste müssen die zur Verfügung stehenden Daten­raten quasi teilen. Außerdem sind die Mobil­funk­netze entlang der ICE-Trassen unterschiedlich stark.

Externer Dienst­leister stellt das WLan im ICE bereit

Nutzt der Kunde das WLan im Zug, geht er kein Vertrags­verhältnis mit der Bahn ein, sondern mit dem Dienst­leister Icomera. Das ist ein Tele­kommunikations­ausrüster aus Schweden mit Sitz in Göteborg, der bereits mit mehreren Bahn­unternehmen in Europa zusammen­arbeitet und beispiels­weise den belgisch-französischen Hoch­geschwindig­keits­zug Thalys und die schottische Gesell­schaft ScotRail mit mobilem Internet versorgt.

Deutliche Mängel im Klein­gedruckten

In den allgemeinen Geschäfts­bedingungen (AGB) von Icomera fand unser Jurist deutliche Mängel und unwirk­same Klauseln. Die Aussagen in den AGB weichen teil­weise erheblich von den Werbe­versprechen der Bahn ab. Ein Beispiel: Die Bahn verspricht kostenloses WLan für alle in allen ICE-Zügen. In den AGB von Icomera heißt es dagegen: „Icomera stellt dem Kunden in ausgewählten Zügen der Deutsche Bahn AG mithilfe von Funk-Technologie (WLan) im Rahmen ihrer tech­nischen Möglich­keiten einen Zugang zum Internet zur Verfügung.“ Ein weiteres Beispiel: Die Bahn verspricht kostenloses WLan, ihr Vertrags­partner Icomera behält sich vor, von 2.-Klasse-Kunden Gebühren zu erheben. Beruhigend: In der Praxis ist das WLan im Zug tatsäch­lich für alle kostenlos.

Erklärung der Bahn zu den AGB ihres Dienst­leisters

Auf Nach­frage von test.de begründete ein Sprecher der Deutschen Bahn die einschränkende Formulierung – „Icomera stellt dem Kunden WLan in ausgewählten Zügen zur Verfügung“ – wie folgt: „In die im Dänemark-Verkehr einge­setzten, diesel­betriebenen ICE TD ist (...) die neue Technik nicht einge­baut worden, weil diese Züge im Laufe des Jahres außer Betrieb gehen werden. Grund­sätzlich ist die gesamte ICE-Einsatz­flotte mit der neuen WLan-Technik ausgestattet.“ Der Bahn-Sprecher stellte klar: „Das WLan in der zweiten Klasse ist und bleibt kostenlos“. Die Formulierung in den Geschäfts­bedingungen, dass sich Icomera vorbehalte, von Kunden in der 2. Klasse Gebühren zu erheben, beziehe sich auf die für 2017 geplante kosten­pflichtige Option, mit der Kunden in der 2. Klasse weiter das Internet mit hoher Geschwindig­keit nutzen können, nachdem sie ein Daten­volumen von 200 Megabyte verbraucht haben.

Fazit: Geschwindig­keit in Ordnung, AGB nicht

Das kostenlose WLan-Angebot in den ICEs ist durch­aus brauch­bar. Auch wenn Kunden in der 2. Klasse nach dem Verbrauch eines Daten­volumens von 200 Megabyte – pro Tag und Gerät – deutlich lang­samer im Netz unterwegs sind, können sie meist noch komfortabel mit ordentlicher Geschwindig­keit surfen und ihre E-Mails checken. Die Mängel in den AGB sind trotzdem ärgerlich, da diese den Nutzer irritieren können – und nicht in Einklang mit den Werbe­versprechen der Bahn stehen.