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ThomasLippmann 0185 Presse A5

Magdeburg / ST - Fraktion DIE LINKE: Unterrichtsausfall auf Rekordniveau

Schulpflicht wird weiter ausgehöhlt

Der Ausfall von Unterricht aufgrund fehlender Lehrkräfte erreicht in
den Schulen des Landes immer neue Höchststände. Im letzten Schuljahr
2016/17 wurden mehr als 6 Prozent des gesamten Unterrichtes nicht
regulär gehalten. Das entspricht mehr als 2 Unterrichtswochen ohne
Unterricht. Die Spanne reicht dabei von knapp 5 Prozent an den Gymnasien
bis fast 9 Prozent an den Förderschulen. Dieses Bild ergibt sich aus der
Auswertung einer Kleinen Anfrage der Fraktion
<http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/files/drs/wp7/drs/d2049dak.pdf>.
Der seit Jahren anhaltende negative Trend wurde durch die Einleitung
sogenannter bedarfsmindernder Maßnahmen seit dem Schuljahr 2013/14
weiter verfestigt und verstärkt. Hierzu erklärt der bildungspolitische
Sprecher der Fraktion, Thomas Lippmann (Foto):

Wer immer noch glaubt, die ständigen Kürzungen in den
Bedarfszuweisungen für die Schulen und die fortschreitende
Unterausstattung mit Lehrkräften blieben ohne Folgen für die Erteilung
von Unterricht, sieht sich mit der aktuellen Statistik des
Bildungsministeriums zu Unterrichtsausfall und Vertretung erneut eines
Besseren belehrt. Die steigenden Klassengrößen auf der einen und
fehlende personelle Unterstützung auf der anderen Seite sorgen für so
große Belastungen, dass immer mehr Lehrkräfte krankheitsbedingt
ausfallen (siehe Foto Grafik unten).

Gleichzeitig sinken durch die schlechte Unterrichtsversorgung die
Möglichkeiten der Schulen, auf den Ausfall von Lehrkräften mit dem
Einsatz anderer verfügbarer Lehrkräfte zu reagieren. Der Anteil des
Unterrichtes, der bei Abwesenheit von Lehrkräften regulär vertreten
werden kann, ist dadurch von vormals etwa der Hälfte auf inzwischen nur
noch ein Drittel gesunken (siehe Anhang Grafik 3).

Durch den ständig steigenden Vertretungsbedarf (siehe Anhang Grafik 2)
hat sich der Unterrichtsausfall an den allgemeinbildenden Schulen
innerhalb der letzten zehn Schuljahre auf inzwischen mehr als 6 Prozent
verdoppelt (siehe Anhang Grafik 4). Schaut man unter diesen Bedingungen
auf ein ganzes Schülerleben, so wird innerhalb von 10 Schuljahren schon
für fünf volle Monate kein regulärer Unterricht mehr erteilt [-] an den
Förderschulen ist es fast schon ein ganzes Schuljahr.

Folgt man den Meldungen auf der Homepage der Volksinitiative "Den Mangel
beenden! [-] Unseren Kindern Zukunft geben!" und anderen statistischen
Meldungen, muss davon ausgegangen werden, dass sich der
Unterrichtsausfall im laufenden Schuljahr noch einmal erheblich
ausweiten wird. Wenn Schulen ganze Klassen nicht nur stundenweise,
sondern tagelang zu Hause lassen müssen, weil keine Lehrkräfte mehr zur
Verfügung stehen, dann wird die Schulpflicht staatlicherseits
aufgekündigt. Dies wird in den nächsten Wochen beim saisonalen Anstieg
der Krankheiten noch mehrfach geschehen.

Der IQB-Bildungstrend 2016 hat nachdrücklich gezeigt, dass ein
Nachlassen bei den Investitionen in das Bildungssystem den
Bildungserfolg für viele Schülerinnen und Schüler verschlechtert. Diese
Entwicklung gefährdet die wirtschaftlichen, sozialen und demokratischen
Grundlagen unsere Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund sind die
Forderungen der Volksinitiative schnellstmöglich für mehr Personal an
den Schulen zu sorgen, die letzte Chance für die Landesregierung, das
Ruder noch umzulegen und tatsächlich eine Wende in der Personalpolitik
einzuleiten. Die Fraktion die LINKE wird sich in den Beratungen der
kommenden Wochen mit allen Kräften für die uneingeschränkte Realisierung
der Forderungen von fast 100.000 engagierten Bürgerinnen und Bürgern
einsetzen."

Magdeburg, 3. November 2017



Auswertung der Statistik des Bildungsministeriums über den Ausfall und Vertretung von Unterricht Grafik 1: Der Vertretungsbedarf, der durch die Abwesenheit von Lehrkräften entsteht, ist im letzten Jahrzehnt kontinuierlich gestiegen und lag im Schuljahr 2016/17 bei über 9% in den allgemeinbildenden Schulen und bei mehr als 10,5% in den berufsbildenden Schulen. Spitzenwerte um 12% weisen Förderschulen und Gesamtschulen auf. Den niedrigsten Wert weisen mit 8,5% die Grundschulen auf. Grafik 2 Der Vertretungsbedarf an den Schulen steigt außer durch die Krankheit von Lehrkräften zunehmend auch durch Elternzeit und Krankheit der Kinder stetig an. Dieser Anteil am gesamten Vertretungsbedarf hat sich in den letzten zehn Jahren – ebenso wie der Krankenstand bei den Lehrkräften – verdoppelt. Der Vertretungsbedarf liegt derzeit in den meisten Schulformen zwischen 8,5 und 9 Prozent, an Gesamtschulen und Förderschulen bei etwa 12 Prozent. Von der Landesregierung wird eine Vertretungsreserve von 3 Prozent angestrebt – aber nicht erreicht! Grafik 3 Durch den Anstieg des Vertretungsbedarfs auf der einen Seite (Grafik 2) und der beständig sinkenden Versorgung der Schulen mit Lehrkräften bei steigenden Schülerzahlen erschöpfen sich die Möglichkeiten der Schulen zur Unterrichtsvertretung mittels anderer verfügbarer Lehrkräfte immer schneller. So kann inzwischen durchschnittlich nur noch ein Drittel des Vertretungsbedarfs durch andere Lehrkräfte übernommen werden. Dabei gibt es weiterhin große Unterschiede zwischen den Schulformen – von 22 Prozent regulärer Unterrichtsvertretung (also nur jede fünfte Stunde) an Grund- und Förderschulen bis zu 45 Prozent (also fast jede zweite Stunde) an den Gymnasien. Insgesamt haben sich die Vertretungsmöglichkeiten in den letzten zehn Jahren drastisch verschlechtert – vor allem an den Grundschulen und den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I und II. An Förderschulen und BbS war die Situation schon immer dramatisch schlecht. Grafik 4 Steigender Vertretungsbedarf (Grafik 2) und schwindende Möglichkeiten, den Ausfall durch andere Lehrkräfte zu kompensieren (Grafik 3) führt dazu, dass ein immer größerer Anteil des Unterrichts nicht mehr regulär gehalten werden kann. Neben dem sogenannten Totalausfall (Schüler haben frei) kommen hier vor allem in unterschiedlicher Intensität Klassenzusammenlegungen und sonstige Maßnahmen (Erteilung von Aufgaben, Beschäftigung etc.) hinzu. Der Anteil hat sich in den allgemeinbildenden Schulen in den letzten zehn Jahren auf inzwischen über 6 Prozent verdoppelt, was einem Verlust an Unterricht von mehr als 2 Unterrichtswochen entspricht. Diese Entwicklung hat sich in den letzten drei Schuljahren als unmittelbare Folge der Umsetzung sogenannter bedarfsmindernder Maßnahmen sichtbar beschleunigt und verschärft. Auch hier gibt es größere Unterschiede zwischen den Schulformen – von knapp 5 Prozent an den Gymnasien bis zu fast 9 Prozent an den Förderschulen.