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Sevim Dagdelen: Kein Besuch, kein Konya

"Die Ausladung der Bundestagsabgeordneten ist ein massiver Vertrauensbruch unter Nato-Partnern. Es ist völlig inakzeptabel, dass der Bundeswehreinsatz in Konya trotz der Besuchsverbote für Abgeordnete aufrechterhalten wird", erklärt Sevim Dagdelen ( Foto ), Sprecherin der Fraktion DIE LINKE für internationale Beziehungen, zur von der türkischen Regierung veranlassten Verschiebung des Besuchs von Bundestagsabgeordneten bei den auf dem NATO-Stützpunkt Konya stationierten Bundeswehrsoldaten auf unbestimmte Zeit. Dagdelen weiter:

"Die Bundeswehr muss noch vor der Bundestagswahl im Herbst aus Konya abgezogen werden, sollten die Besuchsverbote fortbestehen. Da helfen dann auch keine Ausflüchte mehr von Merkel und Gabriel. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und eine parlamentarische Kontrolle muss gewährleistet werden. DIE LINKE wird Anfang September den Abzug aus Konya und die Beendigung dieses Einsatzes zur Abstimmung stellen, wenn bis dahin das Besuchsverbot für die Parlamentarier durch das Erdogan-Regime aufrecht erhalten wird.

NATO und EU müssen sich entscheiden, wie lange sie noch mit einem Regime zusammenarbeiten wollen, das Menschenrechte, Rechtsstaat und Demokratie mit Füßen tritt. Ein Jahr nach dem vereitelten Militärcoup ist die Türkei von der Demokratie weiter entfernt denn je. Auf den Putschversuch vom 15. Juli 2016, den der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach seiner Niederschlagung am Morgen des 16. Juli ein "Geschenk Gottes" nannte, folgte ein offensichtlich sorgfältig vorbereiteter Staatsstreich von oben. 50.000 Verhaftete, darunter führende Oppositionspolitiker der prokurdischen HDP, 130 geschlossene Medien, 150.000 entlassene Staatsbedienstete zeugen davon, dass Erdogan die laizistische Türkei zielstrebig in einen islamistischen Unterdrückungsstaat umbaut. Mit derzeit 165 Journalisten im Gefängnis, darunter aus Deutschland kommend der Welt-Korrespondent Deniz Yücel und Mesale Tolu, ist die Türkei das Land mit den meisten inhaftierten Medienschaffenden weltweit.

Wir brauchen einen radikalen Kurswechsel in der deutschen Türkeipolitik. Schluss mit der Unterstützung für Erdogan. Waffenexporte an Ankara müssen gestoppt werden ebenso wie die EU-Beitrittsverhandlungen. Die deutschen Soldaten müssen aus der Türkei allesamt abgezogen werden. Überfällig ist auch die Zerschlagung des Erdogan-Netzwerkes in Deutschland mit seinen rund 6000 Agenten, Rockerbanden und Trollarmeen, das die Gewaltpolitik der türkischen Regierung importiert und auch hierzulande ein Klima der Angst verbreitet. Bund und Länder müssen die Zusammenarbeit mit dem von Ankara aus gesteuerten und finanzierten Moscheeverband DITIB endlich aufkündigen. Wer Andersdenkende ausspioniert und gegen sie Stimmung macht, darf nicht länger als Partner hofiert werden. Klare Kante statt Kuschelkurs, das ist die zentrale Lehre aus dem seit einem Jahr andauernden Staatsputsch in der Türkei."