Bild 1: 3D-Scanning: Verschiedene Figuren, 3D-Modelle ©Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, M. Steffen
WELTERBEKOMITEE WÜRDIGT HÖHLEN IN
BADEN-WÜRTTEMBERG ALS EINZIGARTIGES ZEUGNIS DER EISZEITDas UNESCO-Welterbekomitee hat heute in Krakau die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst in Baden-Württemberg in dieWelterbeliste aufgenommen. Sie sind Fundorte der ältesten mobilen Kunstwerke der Welt. Das Welterbekomiteebetonte, dass die Dichte der Funde, die Bedeutung des Ensembles für die Geschichte der Entwicklung der Künstesowie der Beitrag der Stätte zur Erforschung des Jungpaläolithikums weltweit einzigartig sind. Die Höhlen derältesten Eiszeitkunst sind die 42. Welterbestätte Deutschlands. „Als jüngste deutsche Welterbestätte", so Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer, Leiterin der deutschenDelegation bei der Welterbekomiteesitzung „erlauben uns die Höhlen und die Eiszeitkunst im schwäbischen Juraden ältesten Spuren zu folgen, die der Mensch bei seiner Besiedlung Europas hinterließ. Die hier gefundenenObjekte wie die Venus vom Hohlen Fels sind faszinierende Zeugnisse prähistorischer Kunst und haben mich auchpersönlich tief beeindruckt.“ "Die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst sind ein einzigartiges Beispiel unserer Menschheitsgeschichte. Die dortgefundenen Kunstwerke und Musikinstrumente spiegeln das handwerkliche Können der ersten modernen Menschen wiederund zeigen, welche Rolle Kunst und Kultur bereits vor 40.000 Jahren gespielt haben“, erklärt Prof. Dr. HartwigLüdtke, Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission. „Ich freue mich sehr, dass das Welterbekomitee dieseeinmaligen archäologischen Fundstätten in die Welterbeliste aufgenommen hat und sie jetzt zum Netzwerkprähistorischer Stätten von herausragender Bedeutung für die Menschheit zählen. Es liegt nun in derVerantwortung der gesamten Staatengemeinschaft, sie zu schützen.“ Als sich anatomisch moderne Menschen vor mehr als 40.000 Jahren nach Europa ausbreiteten, hinterließen sie auf derSchwäbischen Alb die ältesten mobilen Kunstwerke der Welt. Die nun zum UNESCO-Welterbe zählenden sechsHöhlenfundstellen und die sie umgebende Landschaft im Ach- und Lonetal sind Fundorte von insgesamt über 50 meistaus Elfenbein aber auch aus Knochen gearbeiteten Figuren. Dazu zählen das Elfenbein-Mammut von derVogelherdhöhle, die Venus vom Hohlen Fels und der Löwenmensch aus dem Hohlenstein-Stadel. Auch acht Flöten sindunter den Fundstücken. Die Objekte sind zwischen 35.000 und 43.000 Jahre alt. Abbildungen von Fauna, Mensch und Tier Die meisten der bislang gefundenen Kunstobjekte bilden die Fauna der eiszeitlichen Landschaft einer Steppentundraab und zeigen Tiere wie Mammut, Wisent, Pferd, Höhlenlöwe oder Höhlenbär. Doch neben dieser Megafauna gibt esauch Darstellungen kleinerer Tiere – ein Wasservogel, ein Fisch und wahrscheinlich ein Igel zählen dazu. EtwasBesonderes sind Darstellungen von Menschen sowie Mischwesen von Mensch und Tier. Weltbekannt ist die Venus vomHohle Fels, die die älteste Frauendarstellung ihrer Art ist. Auch der Löwenmensch vom Hohlenstein Stadel, einaufrecht stehendes Mischwesen aus Mensch und Löwe, ist von herausragender Bedeutung. Vervollständigt wird diesesEnsemble eiszeitlicher Kunst mit dem Fund von acht Flöten. Sie sind der direkte Nachweis, dass die eiszeitlichenJäger und Sammler bereits Musik machten. Sechs Höhlen im Ach- und Lonetal Die Fundobjekte stammen allesamt aus Höhlenfundstellen in zwei Tälern der Schwäbischen Alb – dem Achtal etwa15 km westlich von Ulm und dem Lonetal etwa 20 km nordöstlich von Ulm. Hier liegen die FundstellenGeißenklösterle, Hohle Fels und Sirgensteinhöhle (Achtal) sowie Vogelherdhöhle, Hohlenstein Stadel-Höhle undBocksteinhöhle mit dem Bocksteintörle (Lonetal). In all diesen Höhlen konnten durch archäologische AusgrabungenSchichten des Aurignacien mit Schmuck- und Kunstobjekten freigelegt werden. Sie bieten eine weltweit einzigartigeKonzentration von Fundplätzen. Das Auftreten der ältesten Kunst und Musik in mehreren Fundstellen innerhalb einerMikroregion verdeutlicht die Bedeutung von Ach- und Lonetal als zentrale Siedlungsareale der frühesten modernenMenschen in Europa. Hintergrundinformationen Das Welterbekomitee setzt sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention zusammen und entscheidetjährlich über die Einschreibung neuer Kultur- und Naturstätten in die Welterbeliste sowie über Schutzmaßnahmenfür bestehende Welterbestätten. Deutschland verzeichnet nun 42 Welterbestätten. Kriterien für die Anerkennungals UNESCO-Welterbe sind unter anderem der außergewöhnliche universelle Wert der Stätte und einManagementsystem, das die Erhaltung des Erbes für zukünftige Generationen sicherstellt. Mit der Einschreibung indie Welterbeliste verpflichten sich die Vertragsstaaten, die Welterbestätten auf ihrem jeweiligen Staatsgebiet zuschützen und somit für künftige Generationen zu bewahren. Das Komitee tagt noch bis zum 12. Juli im polnischenKrakau.
Foto 2: 3D-Scanning: Hohle Fels, 3D-Modell ©Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, M. Steffen
Foto 3: 3D-Scanning: Hohlenstein Stadel und Bärenhöhle, 3-D-Modell ©Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, M. Steffen
Foto 4: 3D-Scanning: Laserscanning im Sirgenstein ©Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, M. Steffen