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Richterhammer, 08 Uhr

Revisoren sind auch nur Menschen

17. September 2018

Amtsgericht München vom 10.09.2018

Früherer Leiter eines Revisionsamtes wird nach vollständiger Schadenswiedergutmachung zur Bewährungsstrafe verurteilt

Am 12.07.2018 verurteilte das zuständige Schöffengericht am Amtsgericht München einen 48-jährigen verheirateten früheren Revisor wegen Betrugs in fünfzehn und wegen Untreue und Urkundenfälschung in weiteren acht Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Der Verurteilte war seit 2001 für ein bayerisches kommunales Versorgungsunternehmen im Bereich der Unternehmenssteuerung verschiedener Projekte tätig, im Jahr 2003 übernahm er dann die Leitung der Innenrevision. In Folge des verfahrensgegenständlichen Ermittlungsverfahrens wurde ihm fristlos gekündigt.
Der Verurteilte hatte bei 15 verschiedenen Reiseanträgen im Zeitraum vom 2012 bis 2016 jeweils fälschlich einen angeblich dienstlich veranlassten Reisegrund angegeben. Mit Einreichung des jeweiligen Reisekostenerstattungsantrages täuschte er sodann vor, dass ihm dienstlich veranlasste Reisekosten von insgesamt 7.579,20 Euro entstanden waren. 

Zudem fingierte er von 2012 bis Anfang 2017 insgesamt acht Forderungen über insgesamt 38.057,83 Euro und fertigte in sechs dieser Fälle gefälschte Rechnungen, welche er sodann in seiner Funktion als Leiter der internen Konzernrevision als sachlich und rechnerisch richtig frei zeichnete und an sich auszahlen ließ.
Der Angeklagte erklärte in der Verhandlung, sich nochmals für sein Verhalten gegenüber seinem Arbeitgeber entschuldigen zu wollen. An der Anklage sei nicht zu rütteln.  

Er schilderte umfassend wie er sich aufgrund zunehmend fehlender Wertschätzung trotz vielfacher Überstunden die Freiheit genommen habe, neben vielen anderen Reisen diejenigen, die für sein Promotionsvorhaben im Ausland erforderlich gewesen wären, seinem Arbeitgeber in Rechnung zu stellen. Aufgrund der Arbeitsatmosphäre habe es auch Fluchtreisen gegeben. Die Promotion habe er dann doch nicht abschließen können. Er habe den Schaden einschließlich der Kosten der mit der internen Ermittlung beauftragten Großkanzlei nach Verkauf des Familienhauses durch Zahlung von 155.000,00 Euro weit überkompensiert. 

Der als Zeuge einvernommene früher dem Verurteilten direkt unterstellte Mitarbeiter gab an, dass ihm zunächst aufgefallen sei, dass der Verurteilte auffallend oft allein gereist sei. Dies habe er mit der Geschäftsleitung besprochen. Nachdem der Verurteilte entlassen worden sei, sei er selbst so gemobbt worden, dass er schließlich gekündigt habe.

Der Verurteilte erklärte in seinem letzten Wort: „Ich bin schockiert von mir selber. Ich habe das Geld „investiert“ in die Promotion und die Möglichkeit, nicht jeden Tag (…dort) sein zu müssen und habe es nicht zur Seite geschafft und mich so bereichert. Ich bereue es und habe versucht es wieder gut zu machen und es wurde ja auch anerkannt.“

Die Vorsitzende Richterin begründet das Urteil des Schöffengerichts wie folgt: 
„Zu Gunsten des Angeklagten wirkte sich in erheblichem Maße sein von Reue und Einsicht getragenes Geständnis aus, das der Angeklagte von Anfang an im Ermittlungsverfahren abgab und mehrfach und schließlich auch in der Hauptverhandlung wiederholte. Der Angeklagte hat im Ermittlungsverfahren auch zur Aufklärung beigetragen und mitgewirkt. Berücksichtigt zu Gunsten des Angeklagten wurde auch der Umstand, dass er in Folge des Ermittlungsverfahrens persönlich erhebliche Konsequenzen zu tragen hatte, die mit familiären und finanziellen erheblichen Einschnitten verbunden war. Die Familie musste sich dazu entschließen, ihr Haus zu verkaufen, um die Schadensersatzforderungen der Stadtwerke München bedienen zu können. Dies hatte einen Umzug zur Folge, der insbesondere für die Kinder durchaus belastend war. (…) Der Angeklagte hat (…) auch in Kauf genommen, die einzelnen Schadenspositionen nicht weiter zu hinterfragen, sondern hat diese ohne große Diskussion akzeptiert. (…) Als Erklärung für seine Taten führte der Angeklagte teilweise den Wunsch nach finanzieller Kompensation an, teilweise den Wunsch, dieser belastenden Situation durch „Fluchtreisen“ jedenfalls kurzfristig zu entgehen. Das Gericht kann zwar die Darstellung des Angeklagten nachvollziehen. Der Angeklagte hat auch äußerst anschaulich den Eindruck vermittelt, dass er diese Situation wirklich als sehr belastend empfand. Andererseits muss dem Angeklagten vorgehalten werden, dass er sich in dieser Situation externe Hilfe hätte holen können, statt den empfundenen Frust durch Straftaten zu kompensieren. Hier muss dem Angeklagten weiter vorgehalten werden, was auch zu seinen Lasten zu berücksichtigen war, dass er mit nicht unerheblicher krimineller Energie vorgegangen ist und die ihm eingeräumte Vertrauensposition in äußerst zu missbilligender Weise missbraucht hat.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 12.07.2018, Aktenzeichen 831 Ls 124 Js 135584/17
Das Urteil ist rechtskräftig.