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Richterhammer, 08 Uhr

Aus dem Gerichtssaal: „Reichsbürger“ müssen Waffen abgeben

15. Januar 2019


Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, die den Widerruf einer Waffenbesitzkarte recht­fertigt, ist regelmäßig anzunehmen, wenn eine Person über reine Sympathiebekundun­gen in Bezug auf die „Reichsbürgerbewegung“ hinaus ausdrücklich oder konkludent ihre Bindung an in der Bundesrepublik Deutschland geltende Rechtsvorschriften in Abrede oder unter einen Vorbehalt stellt. Denn dies begründet Zweifel an der Rechts­treue und infolgedessen wird das Vertrauen, dass die Person mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß – d.h. vor allem im Einklang mit der Rechtsordnung – umgeht, in aller Regel zerstört. Dies entschied das Oberverwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Die Waffenbehörde des zuständigen Landkreises widerrief die den Antragstellern erteil­ten Waffenbesitzkarten mit der Begründung, sie seien waffenrechtlich unzuverlässig, wie sich aus mehreren von ihnen verfassten und an verschiedene Behörden gerichteten Schriftsätzen ergebe. Aus diesen folge zweifelsfrei, dass sie dem sog. „Reichsbürger“-Spektrum zuzuordnen seien. Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarten lehnte das Verwaltungsgericht Trier ab. Das Oberverwaltungsgericht wies die hiergegen eingelegte Beschwerde zurück.

Die in den Schreiben der Antragsteller zu Tage getretenen Überzeugungen und daraus abzuleitenden Grundhaltungen, die geradezu typischerweise wesentliche Elemente der „Reichsbürgerbewegung“ enthielten, rechtfertigten die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit.  Eine einheitliche „Reichsbürgerbewegung“ gebe es nach den vom Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz veröffentlichten Informationen allerdings nicht. Vielmehr existiere ein heterogenes Spektrum, deren kleinste gemein­same Nenner und gleichsam welt­anschauliche Klammern die Leugnung der völker­recht­lichen Legitimität der Bundesrepublik Deutschland und die Nichtanerkennung ihrer Rechtsordnung seien. Wer der Ideologie der „Reichs­bürger­bewegung“ folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiere und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkenne, gebe Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes zum Umgang mit Waffen und Munition nicht strikt befolgen werde. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen „Reichsbürger“-Spektrum rechtfertige eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland verneine und die Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachte, die Annahme der waffenrecht­lichen Unzuverlässigkeit.

Unabhängig von der Frage, ob die Antragsteller tatsächlich der „Reichsbürger­bewegung“ im engeren Sinne zuzuordnen sein sollten oder hiervon losgelöst nur einen Teilbereich der dortigen Grundeinstellungen übernommen hätten, rechtfertigten die von beiden Antragstellern abgegebenen schriftlichen Äußerungen gegenüber Behörden und Gerichten die Prognose ihrer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit. Den Schreiben der Antragsteller lasse sich entnehmen, dass sie sich wesentliche Elemente der  „Reichsbürgerbewegung“ zu eigen gemacht hätten. Der Antragsteller zu 1) stelle die Geltung elementarer Gesetze – der Strafprozess- und Zivilprozessordnung sowie des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten – gänzlich und grundsätzlich in Abrede. Darüber hinaus leugne er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und betrachte diese vielmehr als „Non-Government-Organisation“, „Orga­nisation einer Modalität einer Fremdherrschaft“ bzw. als Unternehmen oder GmbH. Der Antragsteller zu 2) hänge ebenfalls einem wesentlichen Element der von „Reichs­bürgern“ vertretenen Ideologie an, indem er die Staatsgewalt nicht anerkenne und dem­zufolge nicht bereit sei, sich strikt an die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutsch­land einschließlich der Regelungen des Waffengesetzes zu halten. Dem von den Antragstellern geltend gemachten Gesichtspunkt, dass es während eines Zeitraums von über 15 Jahren keine Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit waffenrechtlichen Geboten oder sonstige „Übergriffe“ gegeben habe, sei kein entscheidungserhebliches Gewicht beizumessen, zumal ein Restrisiko bei der Zuverlässigkeitsbeurteilung im Bereich des Waffenrechts nicht hingenommen werden müsse.


Beschluss vom 3. Dezember 2018, Aktenzeichen: 7 B 11152/18.OVG