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HKBK Martina Ziegler Eschweiler

„Schätzlein, isch hab Rücken!“

Donnerstag, den 8. November 2018


Hape Kerkeling alias Horst Schlämmer hat ihn berühmt gemacht, den Satz: „Isch hab Rücken“. Damit sprach er Millionen Deutschen aus der Seele, denn „Rücken“ haben viele. Und doch ist nicht jeder Rückenschmerz gleich – Schmerzexpertin Martina Ziegler-Eschweiler (Foto) klärt auf.

 

Im Laufe des Lebens erleben die meisten von uns irgendwann mal einen stärker schmerzenden Rücken. Ob nach sportlicher Betätigung oder nach dem Umzug, vielleicht hat man sich „verhoben“ oder einfach schlecht geschlafen. Solang der unverhofft auftretende Schmerz nach wenigen Tagen bis Wochen verschwunden ist, ist das zwar für Betroffene unangenehm, aber nicht bedenklich. Hält der Schmerz, vor allem im unteren Rückenbereich, länger an, stellt sich schnell die Frage: Woran liegt es? „Für viele Patienten beginnt dann eine Odyssee durch Arztpraxen unterschiedlicher Fachrichtungen: Hausarzt, Orthopäde, Radiologe, manchmal auch Psychologe. Die Diagnose Rückenschmerz ist eine der vielfältigsten, weil nicht immer körperliche Ursachen festzustellen sind“, weiß Martina Ziegler-Eschweiler. Die leitende Oberärztin der Schmerztherapie der Helios Bördeklinik sieht häufig Rückenpatienten, die schon zahlreiche Therapieversuche hinter sich haben.

 

Nicht immer sind körperliche Ursachen erkennbar

 

Der Rückenschmerz der Lendenwirbelsäule macht sich häufig durch einen dumpfen, zum Teil stechend-ziehenden Schmerz bemerkbar. „Oft strahlt der Schmerz auch in Gesäß und Beine aus. Manche haben dabei den Eindruck, es sei etwas eingeklemmt“, so Ziegler-Eschweiler. Doch in der bildgebenden Diagnostik sind mitunter keine körperlichen Ursachen erkennbar. „Klar, mit zunehmenden Alter haben unsere Knochen Verschleißerscheinungen. Bei den vielen großen und kleinen Nerven kann meistens nicht gesagt werden, ob überhaupt und wenn ja, welcher Nerv von einer möglichen Einengung betroffen ist“, erklärt die Schmerzexpertin.

 

Druck von innen und außen

 

Wo Schmerz ist, werden Bewegungen kleiner und weniger, denn er schränkt Betroffene in den meisten Fällen stark ein. Dann fällt, vor allem bei körperlich anstrengender Arbeit, jede Bewegung schwer. „Viele Patienten lassen sich daher krankschreiben. Sind die Ursachen der Schmerzen nicht erkennbar, kann sich der Arbeitsausfall schnell auf unbestimmte Zeit hinziehen.“ In ihrem Alltag erlebt Martina Ziegler-Eschweiler häufiger, dass diese Situation den Schmerz-Patienten zusätzlich unter Druck setzt. „Kein Arbeitgeber verzichtet gern längerfristig auf seine Mitarbeiter. Dieser Umstand lässt bei Betroffenen oft Druck entstehen, vielleicht auch, weil hier Arbeitslosigkeit oder der Verlust des Arbeitsplatzes droht“, sagt sie. Dann beginnt ein Teufelskreis: Innerer Druck wirkt sich negativ auf die Muskelanspannung aus und bedeutet zunehmende Verkrampfung. Das wiederum begünstigt Schmerzen weiter. Eine Spirale aus anhaltenden Schmerzen, muskulären Verkrampfungen und Sorgen beginnt und mündet meist in zunehmende Schmerzen, Zurückgezogenheit und sinkende Lebensqualität.

 

Wenn alle Therapien ausgeschöpft sind

 

„Spätestens an diesen Punkten wissen viele Patienten nicht mehr, wer oder was noch helfen kann. Viele Hausärzte kennen diese Hilflosigkeit ihrer Patienten, können aber wenig für den Patienten tun. Bei allen bisher bemühten Therapien wie Physiotherapie, Massage, Fango und den abgeschlossenen diagnostischen Maßnahmen bzw. Arztkonsultationen kann dann die Hilfe eines Schmerztherapeuten gesucht werden“, rät Martina Ziegler-Eschweiler. Ist auch der Rahmen der ambulanten Schmerztherapie ausgeschöpft, dann beginnt die Arbeit der Schmerzexpertin und ihres Teams.

 

Wege aus dem Schmerz

 

„Zunächst prüfen wir, ob der Patient die nötige Diagnostik und vorherige Therapien durchlaufen hat. Meistens liegen weitere körperliche, manchmal auch seelische Beschwerden vor, die eine stationäre Überwachung brauchen“, sagt sie. In ihrer Abteilung in der Helios Bördeklinik stellen sich Betroffene vor. Im Team sind neben Martina Ziegler-Eschweiler auch Dr. Stefan Gmirek, Facharzt für Neurochirurgie, und Schmerz-Schwester Birgit Hasak. Sie stellen im Gespräch das Therapiekonzept der multimodalen Schmerztherapie vor.  „Die multimodale Schmerztherapie verfolgt das Ziel, Patienten mithilfe unterschiedlicher Therapieverfahren, sowohl auf bewegungstherapeutischer, als auch psychotherapeutischer Weise, individuelle Wege aus der Schmerzspirale zu finden.“ Das nimmt in der Regel zwei bis drei Wochen in Anspruch, die Patienten in der Bördeklinik stationär verbringen. Auch Kunsttherapie, psychologische Einzel- und Gruppentherapie sowie Entspannungstherapie zählen zum umfangreichen Angebot. „Unser Ziel ist es, Schmerzgeplagten wieder Lebensqualität zu geben, indem sie dem Schmerz in ihrem Leben weniger Raum lassen. Das kann auf medikamentöse Weise und mit entsprechenden Übungen unterstützt werden.“



Foto: Im Laufe des Lebens erleben die meisten von uns irgendwann mal einen stärker schmerzenden Rücken.