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01 GESUND NEWS

121. Deutscher Ärztetag: Bedürfnisse von Menschen mit psychischen Störungen stärker in den Blick nehmen

10. Mai 2018

Psychische und psychosomatische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, somatoforme Störungen, Alkoholund Medikamentenabhängigkeit zählen zu den häufigsten, aber hinsichtlich ihrer individuellen und gesellschaftlichen Bedeutung zumeist unterschätzten Erkrankungen. Sie werden immer mehr zu einer Herausforderung für die Gesundheitsversorgung. Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist jedes Jahr von ihnen betroffen – unabhängig von Alter oder sozialem Status. Dabei verursachen psychische Erkrankungen immenses menschliches Leid und auch erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. 

Darauf verwiesen gestern Referenten und Abgeordnete des 121. Deutschen Ärztetages in Erfurt. In einer Entschließung forderte das Ärzteparlament den Gesetzgeber sowie die Institutionen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen auf, sich stärker für die besonderen Bedürfnisse und Interessen von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen einzusetzen.

In Deutschland wird die psychotherapeutische Versorgung sowohl von ärztlichen als auch von psychologischen Psychotherapeuten sowie von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit den ihnen jeweils eigenen Qualifikationen getragen. Für die ärztliche Psychotherapie können Patienten auf ein sehr breit gestuftes Angebot zurückgreifen, das von der psychosomatischen Grundversorgung durch Haus- und Fachärzte bis hin zur fachärztlichen psychiatrischen, psychosomatischen und psychotherapeutischen Versorgung reicht.

Die Abgeordneten hoben in der Aussprache unter anderem die Kompetenz der spezifisch ärztlichen Form der Behandlung psychisch Kranker hervor. Sie liege vor allem darin, ein individuelles, somatische wie psychische Aspekte integrierendes Gesamtkonzept für den einzelnen Patienten anbieten zu können. Dies sei umso wichtiger, da psychische Erkrankungen häufig mit behandlungsbedürftigen somatischen Erkrankungen einhergehen und sich beide wechselseitig sogar noch verstärken können.

Vor diesem Hintergrund warnte der Deutsche Ärztetag davor, das bestehende Versorgungsmodell mit ärztlichen und nicht ärztlichen Angeboten im Rahmen der Novellierung des Psychotherapeutengesetzes aufzuspalten. Notwendig sei auch die Weiterentwicklung des stationären Vergütungssystems in den Bereichen Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie eine differenzierte und leistungsgerechte Erfassung und Finanzierung auch der ambulanten fachärztlichen Leistungen in diesen Bereichen. Der Ärztetag sprach sich zudem für eine differenzierte, eigenständige Bedarfsplanung im ambulanten Bereich für die Fachgebiete Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatische Medizin sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie aus.

Um Stigmatisierung entgegenzuwirken, forderte der Deutsche Ärztetag die Bundesregierung sowie die Landesregierungen auf, Gesetzesvorhaben zu stoppen, die eine gesonderte Speicherung der Daten psychisch Kranker zum Inhalt haben. Auf dem Deutschen Ärztetag wurde in drei Referaten die Versorgungssituation insbesondere erwachsener Patientinnen und Patienten sektorenübergreifend aus psychosomatischer, hausärztlicher und psychiatrischer Perspektive dargestellt. Im ersten Vortrag legte Prof. Dr. Stephan Zipfel, Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, die besondere gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Versorgung psychischer Störungen dar. Prof. Dr. Jochen Gensichen, Leiter des Instituts für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, ging auf die Betreuung von Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen in der hausärztlichen Versorgung ein. Gerade Depression, Angst- und Panikstörungen sowie somatoforme Störungen wiesen eine hohe Prävalenz in der Hausarztpraxis auf. Auf die Schnittstellen zwischen den Versorgungsbereichen sowie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit in sektorenübergreifenden, integrativen Versorgungsmodellen ging Dr. Iris Hauth, Ärztliche Direktorin und Chefärztin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Alexianer St. Joseph Krankenhauses Berlin Weißensee, ein.