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KUBICKI-Interview: 2025 können wir an der Elbe sein

15. August 2018


Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki (Foto) gab dem „Flensburger Tageblatt“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Dieter Schulz.


Frage: Herr Kubicki, kaum sind Sie in Berlin, ist Daniel Günther der neue Liebling der Medien. Neidisch?

Kubicki: Nein, weil ich überall Werbung für ihn mache, wenn ich nach seiner Person gefragt werde. Dann erkläre ich, dass er die Landtagswahl aus eigener Kraft gewonnen hat und Jamaika unter seiner Führung wunderbar funktioniert. Und ich bin auch stolz, dass Schleswig-Holstein in Berlin mit so vielen Persönlichkeiten wahrgenommen wird – wie eben Daniel Günther für die Union, Robert Habeck für die Grünen, ich für die Liberalen und Ralf Stegner, mein Lieblingsgegner aus Landtagszeiten, immer noch für die SPD. Das hat es so noch nie gegeben.

Frage: Können Sie den Aufschrei nach Günthers Aussagen zur Linkspartei verstehen?

Kubicki: Ja und nein. Die erste Frage ist ja, was veranlasst einen Ministerpräsidenten der Union aus Schleswig-Holstein darüber nachzudenken, ob man etwas mit der Linkspartei gemeinsam machen kann? Die sind hier marginalisiert, spielen ebenso wie die AfD keine Rolle. Mit anderen Worten: Daniel Günther muss sich damit nicht beschäftigen. Deshalb verstehe ich, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel und auch die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer auf diesen Zwischenruf verhalten reagiert haben. Andererseits verstehe ich, dass sich Daniel Günther mit der Situation auseinandersetzt, wenn gegen die Linkspartei nichts geht, außer mit der AfD – so wie es in Brandenburg, Thüringen oder Sachsen-Anhalt sein kann. Aber dann sollen das die Leute vor Ort diskutieren und niemand hier aus dem Norden.

Frage: War das sein erster Fehler auf der großen politischen Bühne?

Kubicki: Was erklären wir zu einem Fehler? Ich glaube auch nicht, dass Daniel Günther auf Dauer seine gegenwärtige harte Auseinandersetzung mit Horst Seehofer und Markus Söder nützt. Es nützt seinem Bekanntheitsgrad bundesweit, es nützt seiner Profilierung. Aber Profilierung ist nicht alles. Das weiß ich aus eigener leidvoller Erfahrung, man wird da nicht zum Liebling der eigenen Partei. Trotzdem bin ich mir sicher: Daniel Günther ist die erste Personalreserve der CDU nach Angela Merkel und er hat nach der nächsten gewonnenen Landtagswahl auf Bundesebene eine unglaubliche Karriere vor sich.

Frage: Apropos Landtagswahl: Im Wahlkampf hat Daniel Günther die A 20 versprochen – jetzt hält ihm ausgerechnet sein Vor-Vor-Vor-Vorgänger von Boetticher das vor die Nase.

Kubicki: Nun muss man wissen, dass es ein spezielles Verhältnis zwischen Christian von Boetticher und Daniel Günther gibt. Die beiden werden in diesem Leben nie wieder Freunde. Und dass ausgerechnet Christian von Boetticher heute Daniel Günther Versäumnisse bei der A 20 vorhält, ist ein Treppenwitz der Geschichte. Schließlich saß er in der Regierung, als es bei der A20 auch nicht vorwärts ging. Wir müssen jetzt die Fehler der Vergangenheit beseitigen. Seit ich Vorsitzender der Baukommission des Deutschen Bundestages bin, weiß ich, wie schwierig das mit den ganzen Normen und Regelungen ist, die wir haben.

Frage: Jetzt kämpft Ihr Verkehrsminister mit der A 20 und den kaputten Straßen…

Kubicki: Aber er tut es wenigstens. Früher haben sich die Leute über den Zustand der Straßen beschwert, heute über die vielen Baustellen. Mit allen Kapazitäten, die wir haben, machen wir alles bis an die Grenzen des Erträglichen. Und ich freue mich, dass die Kommunikation zwischen Bernd Buchholz und den Naturschutzverbänden besser ist als in der Vergangenheit. Der Zeitfaktor spielt eine große Rolle, deshalb macht es Sinn, auf die Belange der Naturschützer einzugehen, auch wenn man nicht immer deren Meinung ist.

Frage: Anders gefragt: Wo steht die A 20 am Ende der Legislatur?

Kubicki: Wir werden Baurecht für alle Abschnitte haben, die Umsetzung wird erst danach erfolgen. Wir müssen europaweit ausschreiben, beteiligte Firmen können Wettbewerbsklagen erheben – wir kennen das ganze Spiel. Aber ich bin sicher, bei gutem Willen aller Beteiligten und den mediatorischen Fähigkeiten von Bernd Buchholz kann es gelingen, dass wir 2025 an der Elbe sind.

Frage: Aber trotz aller Anstrengungen schlägt sich das bei den Umfragewerten nicht nieder. Die Liberalen profitieren als einzige Jamaika-Partei im Land nicht wirklich…

Kubicki: Das sehe ich nicht so. Acht Prozent bei der letzten landesweiten Umfrage sind für die FDP in Schleswig-Holstein nicht so schlecht. Hinzu kommt – und das sage ich, ohne eingebildet oder gar arrogant wirken zu wollen – dass der Kubicki-Faktor weggefallen ist. Das werden die Grünen noch erleben, wenn Robert Habeck in Berlin angekommen ist. Da wird ein Teil der Zustimmung im Land fehlen, weil Themen eben auch über Köpfe transportiert werden. Es dauert, bis die Nachfolger sich da entsprechend profilieren.

Frage: Müssen Sie sich Sorgen machen?

Kubicki: Auf keinen Fall. Christopher Vogt ist ein toller Fraktionsvorsitzender, Bernd Buchholz ein starker Minister und Heiner Garg für uns unverzichtbar. Wenn die Ausgangslage bei uns 8+ und bei den Grünen 15- ist, dann schauen wir mal auf das nächste Wahlergebnis. 2017 lagen wir in den Umfragen auch relativ weit auseinander und zum Schluss waren wir bis auf ein Prozent an den Grünen dran. Für mich ist aber entscheidend, dass diese Koalition insgesamt Erfolg hat. Bei den letzten Bundestags- und Kommunalwahlen konnten wir sehen, dass alle drei Jamaika-Parteien zugelegt haben. Das ist ein gutes Signal, aber auch ein Zeichen für die eklatante Schwäche der SPD.

Frage: Der Chef der Jungen Union in Schleswig-Holstein, Tobias Loose, hat eine Pflichtdienst-Diskussion angestoßen…

Kubicki: Das ist ein Sommerloch-Thema und sollte zur Identifikation der Union beitragen. Er weiß selbst, dass die rechtlichen Hürden exorbitant hoch sind, da man das Grundgesetz ändern müsste. Zudem kann ich mir keinen Staat vorstellen, der außer in Notlagen – also zur Landesverteidigung – eine Dienstverpflichtung ausspricht. Das wäre sonst eine Art der Freiheitsberaubung. Wir werden die Probleme der Pflege nicht mit Zivildienstleistenden lösen. Im Gegenteil, da muss man die Berufe besser ausgestalten und bezahlen – so einfach ist Latein. Heiner Garg, unser Gesundheits- und Sozialminister, hat da das Richtige gesagt. Die Ausbildung muss kostenfrei werden, die Azubis müssen von den Einrichtungen bezahlt werden. Die Sonntagsreden, wir schaffen Helden der Arbeit und geben ihnen Orden, aber nichts zu essen – das war mal und wenig erfolgreich. Akzeptanz hat etwas mit der Höhe des Einkommens zu tun. Man kann die bisherige Missachtung der Pflegeberufe nicht durch eine Dienstpflicht aufheben.