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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Fr.., 29. Januar 2021 

  1. Scheuer: Europarechtliches Risiko der Pkw-Maut war minimal
    2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss
  2. Wirecard agierte in Bayern weitgehend unbehelligt
    3. Untersuchungsausschuss/Ausschuss
  3. Schweriner Ex-Innenminister distanziert sich
    1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss
  4. Forschung und Lehre im ländlichen Raum
    Ernährung und Landwirtschaft/Antrag


01. Scheuer: Europarechtliches Risiko der Pkw-Maut war minimal

2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat auf Fragen von Abgeordneten seine Entscheidung verteidigt, im Herbst 2018 in Aufklärungs- und Verhandlungsgespräche mit dem Bieterkonsortium für die Erhebung der Pkw-Maut einzusteigen. Er habe sich nicht beim Haushaltsausschuss um mehr Mittel bemühen wollen, sondern die Priorität gehabt, das Projekt innerhalb des vorgegebenen Haushaltsrahmens zu realisieren, sagte er am Donnerstag im 2. Untersuchungsausschuss ("Pkw-Maut"). Dabei sei ihm versichert worden, diese Gespräche mit den Bietern seien vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

In der stundenlangen Vernehmung durch den Ausschuss konnte Scheuer nicht sagen, wann genau er darüber informiert wurde, dass das am 17. Oktober 2018 eingegangene Angebot der Bietergemeinschaft CTS Eventim/Kapsch TrafficCom den Rahmen des Haushalts massiv sprengte. Er könne sich lediglich erinnern, dass ihm sein Staatssekretär Dr. Gerhard Schulz "sehr verärgert" von der Höhe des Angebots der Bieter berichtet habe. Er selbst habe allerdings gewusst, dass die Frist für die Abgabe der Angebote am 17. Oktober abgelaufen sei, erklärte Scheuer in der abwechselnd vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) und der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Nina Warken (CDU) geleiteten Sitzung. Wann genau er davon erfahren habe, dass die bundeseigene Toll Collect GmbH in die Erhebung der Pkw-Maut eingebunden werden solle, könne er ebenfalls nicht sagen.

Was das europarechtliche Problematik der Pkw-Maut betrifft, erklärte der Minister: "Wir haben das Restrisiko als minimal eingeschätzt." Zum Umstand, dass Martin Selmayr, der ehemalige Kabinettchef von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, in seiner Vernehmung im Ausschuss eine andere Einschätzung abgegeben hatte, sagte Scheuer: "Ich glaube, dass der Herr Selmayr in die verkehrspolitischen Belange nur wenig eingebunden war."

Befragt wurde der Minister auch zu den Geschehnissen am 18. Juni 2019, also dem Tag, an dem der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Klage Österreichs gegen die Pkw-Maut stattgab. Scheuer befand sich an diesem Tag nach eigenen Angaben in seinem Wahlkreis in Passau und traf erst um etwa 17 Uhr im Ministerium in Berlin ein. Vor seinem Eintreffen habe er mit Verkehrspolitikern der Koalition und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt telefoniert, berichtete er dem Ausschuss. Daran, ob er an diesem Tag auch mit CSU-Chef Markus Söder gesprochen habe, könne er sich nicht erinnern. Warum Christian Hillgruber von der Universität Bonn, der die Bundesrepublik beim Verfahren vor dem EuGH vertreten hatte, bei den Beratungen im Bundesverkehrsministerium nicht zugegen war, konnte Scheuer nicht sagen.

In Bezug auf das umstrittene Spitzengespräch vom 29. November 2018 zwischen den beiden Chefs des Bieterkonsortiums, Klaus-Peter Schulenberg und Georg Kapsch, sowie Staatssekretär Schulz und ihm selbst bekräftigte Scheuer die Äußerungen, die er bei seiner ersten Vernehmung im Untersuchungsausschuss gemacht hatte. "Ich bleibe bei meiner Aussage vom 1./2. Oktober 2020", sagte er. Scheuer hatte damals ausgeführt, dass es nach seiner Erinnerung kein Angebot der Bieter gegeben habe, mit dem Abschluss des Vertrags bis nach dem EuGH-Urteil zu warten.

"Die teilweise abweichende Darstellung der Herren Kapsch und Schulenberg habe ich zur Kenntnis genommen", sagte der Minister jetzt in seiner neuerlichen Befragung. Sehr kritisch äußerte er sich zu den Aussagen von Volker Schneble, dem Geschäftsführer der von CTS Eventim und Kapsch TrafficCom gegründeten Betreibergesellschaft Autoticket. Schneble hatte kurz vor seiner Zeugenvernehmung am 1. Oktober 2020 dem Ausschuss ein Gedächtnisprotokoll vorgelegt, dem zufolge Schulenberg ihm unmittelbar nach dem Gespräch am 29. November 2018 mitteilte, er habe dem Minister ein Angebot zur Verschiebung unterbreitet. "Ein solches Gedächtnisprotokoll würde bei keinem Gericht der Welt drei Minuten überleben", sagte Scheuer. "Das ist so hanebüchen."

Die Vernehmung des Bundesverkehrsministers war die letzte öffentliche Sitzung des 2. Untersuchungsausschusses, der nun seinen Abschlussbericht erstellt.



02. Wirecard agierte in Bayern weitgehend unbehelligt

3. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/FMK) In seiner Sitzung am 28. Januar 2021 unter Leitung des Abgeordneten Kay Gottschalk (AfD) beschäftigte sich der 3. Untersuchungsausschuss (Wirecard) vor allem mit der Rolle der bayerischen Behörden. Auch bei dieser Sitzung setzte sich ein Muster fort, das dem Ausschuss bereits bekannt ist: Die institutionelle Verantwortung für ein Unternehmen wie Wirecard lässt sich kaum eindeutig zuordnen. Geladen waren unter anderem der bayerische Staatsminister des Innern, der Leiter der Geldwäscheprävention beim Bezirk Niederbayern und ein ehemaliger Landespolizeichef.

Joachim Herrmann (CSU), bayerischer Staatsminister des Innern, sieht nach den Ereignissen um Wirecard erheblichen Reformbedarf. "Bei dieser Angelegenheit sind Lücken zutage getreten", sagte Herrmann. Es wäre sinnvoll, dass ein Unternehmen wie die Wirecard AG einer umfangreichen Aufsicht unterliegt. Bisher sei die Zuständigkeit zersplittert oder gar nicht vorhanden. Die Regierung von Niederbayern, die zwischenzeitlich als zuständige Geldwäschestelle im Gespräch war, sei tatsächlich nicht zuständig gewesen: Wirecard sei nicht unter die entsprechenden Definitionen gefallen, führte Herrmann aus. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sei nicht zuständig gewesen.

Ein ebenfalls geladener Beamter aus der Praxis bestätigte die Darstellung des Staatsministers. "Finanzorientierte Dax-Konzerne hatten wir nicht in Bearbeitung", sagte Martin Mulzer, der in der Bezirksregierung Niederbayern für Geldwäscheprävention verantwortlich ist. Als Probleme bei Wirecard erkennbar wurden, habe er bei der Bafin in Frankfurt um Koordination gebeten jedoch mehrere Monate lang keine Antwort erhalten.

Tatsächlich passten die Strukturen in Bayern und die Größenordnung des Unternehmens nicht zusammen, wie im Ausschuss klar wurde. Die Beamten der Geldwäscheprävention in der Bezirksregierung haben sich für gewöhnlich mit Geschäftsleuten deutlich kleineren Kalibers beschäftigt. Typischerweise sprechen sie Gebrauchtwarenhändler, Juweliere oder andere Kaufleute an, die mit Bargeld hantieren. Die Behörde biete den Geschäftsleuten Formulare und Beratung bei der Benennung eines Geldwäschebeauftragten an, sagte Mulzer. Es sei rein um die erste Stufe Prävention gegangen, mit konkreten Ermittlungen gegen Kriminelle habe seine Behörde nichts zu tun.

Mulzer ist seiner Aussage zufolge ursprünglich auch gar nicht auf die Idee gekommen, für den Dax-Konzern Wirecard zuständig zu sein, schließlich handelte es sich um ein Dickschiff der Finanzbranche mit Tochtergesellschaften rund um den Globus. Es gab daher auch bis Februar 2020, also fast bis zur Pleite, keinen Kontakt seiner Behörde zu Wirecard.Nur: Die Bafin in Frankfurt fühlte sich ebenfalls nicht zuständig - die Wirecard AG in Aschheim war aus ihrer Sicht eine örtliche Technikfirma. "Wenn Sie nicht zuständig waren, war also gar niemand zuständig?", fragte der Abgeordnete Florian Toncar von der FDP. "Das kann man so sagen", antwortete Mulzer. "Hier gab es eine Lücke", bestätigte Minister Herrmann.

Zwischenzeitlich hatte sich Mulzer allerdings doch ein wenig zuständig erklärt. Als die Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) im Februar nach der für Wirecard zuständigen Geldwäscheaufsicht suchte, wandte sie sich an den Bezirk Niederbayern. Mulzer leitete die Frage an die Bafin weiter, weil Wirecard "finanzlastig" war und in seiner Behörde eben nur wenig Erfahrung damit vorhanden war.

Kurz darauf rief Bayern wegen Corona den Katastrophenfall aus und zog alle Kräfte zusammen, um beispielsweise medizinische Schutzausrüstung zu organisieren. "Wenn in Bayern eine Katstrophe passiert, findet auch keine Geldwäscheaufsicht statt?", fragte der Vorsitzende Gottschalk (AfD). Minister Herrmann verwies auf die Ausnahmesituation durch Corona. Fakt ist jedoch: Auch Mulzer und sein Team stellten ihre Arbeit weitgehend ein. Da von der Bafin keine Antwort kam, schrieb eine Mitarbeiterin zwischenzeitlich an EY, eine Zuständigkeit für Wirecard sei durchaus möglich, wenn der Geschäftszweck von Wirecard darin bestehe, mit Beteiligungen an anderen Unternehmen zu handeln. Einen Tag vor der endgültigen Insolvenz am 25. Juni 2020 entschied die Behörde jedoch endgültig, nicht zuständig zu sein. Danach war Wirecard ohnehin ein Fall für die Staatsanwaltschaft, nicht mehr für die Prävention.

Ebenfalls geladen war der ehemalige bayerische Landespolizeipräsident Waldemar Kindler, der fünf Jahre lang bei Wirecard unter Vertrag stand. Kindler hatte seit 2014 für den Vorstand des Unternehmens Kontakte zu hochrangigen Personen hergestellt. So hat er am Zugang zu Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) oder dem chinesischen Generalkonsulat mitgewirkt. Dafür ließ er sich 3.000 Euro im Monat bezahlen. "Das hat ihrem Ansehen wohl keinen Gefallen getan", kommentierte der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer.

Kindler gab zu, Hilfestellung beim Antrag auf einen Waffenschein für den Personenschützer des umtriebigen Wirecard-Chefs Markus Braun geleistet zu haben. Er habe beispielsweise Tipps dazu gegeben, die nötigen Unterlagen zusammenzustellen, sagte Kindler aber er habe keinen Einfluss auf Behörden genommen. Er hatte allerdings in zeitlichem Zusammenhang Kontakte zu den Polizeibehörden gegeben, wie aus Unterlagen des Ausschusses hervorgeht.

Kindler ist ein hoch angesehener Beamter. Er war von 2007 bis 2013 Landespolizeipräsident und damit oberster Vorgesetzter aller Polizisten in Bayern. Nach seiner Pensionierung nutzte er seine Kontakte für Beraterverträge, von denen er nach seiner Aussage oft drei bis vier gleichzeitig laufen hatte. Er stufte diese Tätigkeiten allesamt als nicht anzeigepflichtig ein, weil sie nichts mit seiner früheren Tätigkeit als Polizeichef zu tun hatten. In die Affäre Wirecard sei er ohne Schuld hineingeschlittert.

Das Engagement für einen betrügerischen Konzern durch einen so gut vernetzten Beamten, zumal den obersten Verbrechensbekämpfer in Bayern, löste im Ausschuss Unbehagen aus. "Sie können nicht bestreiten, dass das unter heutigen Vorzeichen Bedenken hervorruft", sagte Hans Michelbach (CSU). Die Botschaft, die von seinem Verhalten ausgehe, sei auch in ihrer Wirkung auf junge Polizeibeamte problematisch.



03. Schweriner Ex-Innenminister distanziert sich

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Der ehemalige Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, Lorenz Caffier (CDU), hat das Verhalten seines Landesverfassungschutzes im Umgang mit Informationen über den Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri als Fehler bezeichnet. Er habe indes davon wie auch von dem Umstand, dass der Inlandsgeheimdienst eine Kalaschnikow als "Dekowaffe" hortete, bis zum Herbst 2019 keinerlei Kenntnis besessen, betonte Caffier am Donnerstag vor dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz"). Der heute 66-jährige Zeuge stand von 2006 bis zu seinem Rücktritt im November vorigen Jahres an der Spitze des Innenressorts in Schwerin.

Wegen des Vorwurfs der Nachrichtenunterschlagung und der illegalen Verwahrung einer Waffe hatte der langjährige Chef des Schweriner Verfassungsschutzes, Reinhard Müller, Anfang Januar diesen Jahres seinen Hut nehmen müssen. Die Affäre war Ende 2019 ruchbar geworden, als ein ehemaliger V-Mann-Führer der Schweriner Behörde sich bei Innenstaatssekretär Thomas Lenz und dann auch beim Generalbundesanwalt und dem Bundeskriminalamt meldete. Der Mann berichtete, er habe im Frühjahr 2017 ermittlungsrelevante Erkenntnisse eines Informanten über den Attentäter Amri auf Anweisung seiner Vorgesetzten nicht weitergeben dürfen. Demnach sei Amri bei seiner Tat von einem kriminellen arabischstämmigen Clan in Berlin unterstützt und finanziert worden.

Caffier berichtete, sein Staatssekretär Lenz habe ihn Ende Oktober 2019 vom Vorwurf der Nachrichtenunterschlagung unterrichtet. Er sei sich der Brisanz des Vorgangs sofort bewusst gewesen: "Ich habe das zunächst für nicht möglich gehalten." Er könne zwar keine juristische Bewertung vornehmen, ihm sei aber klar gewesen, dass es ein Fehler gewesen sei, die Angaben des V-Mannes über Amris Clan-Kontakte nicht weiterzuleiten. Im November 2019 sei ihm dann zu Ohren gekommen, dass obendrein im Tresor des Verfassungsschutzes eine unbrauchbar gemachte Kalaschnikow als "Dekowaffe" lagerte.

"Ich war bis Herbst 2019 in keinen dieser Vorgänge eingebunden. Ich habe sie weder angeordnet noch gebilligt. Ich wusste weder von der Nichtweitergabe der Information noch von der Dekowaffe", betonte Caffier. Er sei "sehr verärgert" gewesen. Mit Staatssekretär Lenz sei er sich einig gewesen, dass die Information über Amri "auf jeden Fall hätte weitergegeben werden müssen" und "dies nicht zu tun, ein Fehler des Verfassungsschutzes" gewesen sei. So habe er sich auch Müller gegenüber geäußert und angeordnet, das zurückgehaltene Material unverzüglich den zuständigen Instanzen zu übermitteln sowie die Vorgänge "detailliert und umfangreich zu prüfen". Er habe mit dieser Aufgabe Staatssekretär Lenz betraut.

Als Versäumnis rechne er sich heute an, sich nicht auch persönlich weiter um die Sache gekümmert und eine "detaillierte Rekonstruktion des Ablaufs nicht in Betracht gezogen" zu haben. Er habe überdies zwar erwogen, letztlich aber darauf verzichtet, Verfassungsschutzchef Müller zu entlassen. Er habe sich "nicht anmaßen" wollen, "die jahrelange kräftezehrende Arbeit Müllers auf diese zwei Vorfälle zu reduzieren". Er könne allerdings nachvollziehen, dass sein Nachfolger im Schweriner Innenministerium sich anders entschieden habe. Dieser habe, anders als er, nicht auf eine zehn Jahre andauernde vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Müller zurückblicken können. Zu berücksichtigen sei aber auch, dass mittlerweile keine zuständige Behörde mehr die damaligen Angaben des V-Mannes über Amtis Clan-Verbindungen für glaubwürdig halte.

Caffier bedauerte, für seine Bemühungen, den Landesverfassungschutz personell zu stärken, in Schwerin nie eine politische Mehrheit gefunden zu haben. Die Behörde habe mit einem kleinen Apparat dieselben Aufgaben zu lösen wie die Verfassungsschutzämter großer Länder. Es frage sich, ob diese föderale Struktur auf Dauer sinnvoll sei.



04. Forschung und Lehre im ländlichen Raum

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Die Bundesregierung soll einen Bundesförderfonds für Forschung und Lehre im ländlichen Raum auflegen. Das fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (19/26297). Dazu soll ab der 20. Legislaturperiode ein zweckgebundener ressortübergreifender Förderfonds aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", der Gemeinschaftsaufgabe "Agrarstruktur und Küstenschutz" sowie aus Förderprogrammen des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur und des Ministeriums des Inneren, für Bau und Heimat eingerichtet werden.