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DDR Mauer Trabant pixabay

Rund 43.000 Besucher • Landeszentrale für politische Bildung mit positiver Jahresbilanz



veröffentlicht am Samstag, 30. Dezember 2023

Magdeburg. Die Landeszentrale für politische Bildung kann auf ein erfolgreiches Jahr 2023 zurückblicken. Nach den Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie hat die Arbeit zuletzt wieder volle Fahrt aufgenommen. So konnten mit den Angeboten der Landeszentrale mehr als 43.000 Sachsen-Anhalter angesprochen und neue Schwerpunkte gesetzt werden.

Die Folgen des Ukraine-Krieges mit der daraus resultierenden Energiekrise und die steigende Inflation sowie der Überfall der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel und der folgende Krieg im Gazastreifen haben auch in der politischen Bildung ihre Spuren hinterlassen. „Die verstärkte Polarisierung bei solchen Streithemen zeigt einmal mehr, wie wichtig politische Bildung heute ist und welche Rolle sie bei kontroversen Debatten hat“, unterstrich der Direktor der sachsen-anhaltischen Landeszentrale, Maik Reichel, in seiner Jahresbilanz. Gegen Vorurteile und die Zunahme von Delegitimierungsversuchen helfe nur eine fundierte Demokratiebildung. „Dazu wollten und dazu werden wir unseren Beitrag leisten.“

Das ist im Jahr 2023 eindrucksvoll gelungen. Wie zuletzt vor der Corona-Pandemie hat die Landeszentrale eine hohe Nachfrage bei ihren thematischen Angeboten verzeichnet. So konnten insgesamt mehr als 43.000 Besucher bei den 372 Veranstaltungen gezählt werden, die entweder allein oder gemeinsam mit Kooperationspartnern verantwortet wurden. „Das ist fast eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr, als wir noch sehr deutlich unter den Folgen der Corona-Pandemie zu leiden hatten“, so der Direktor. 2022 waren es rund 22.000 Teilnehmer.

Schwerpunktthemen des zurückliegenden Jahres waren insbesondere die Demokratiebildung und die Auseinandersetzung mit Spaltungstendenzen. Zu den aktuellen Krisenerscheinungen und der gesellschaftlichen Polarisierung konnte die Landeszentrale mit dem Tag der politischen Bildung am 5. Oktober und der Jahreskonferenz des Netzwerkes für Demokratie und Toleranz am 22. November gleich zwei große Tagungen ausrichten. Darüber hinaus wurden auch immer wieder europäische Themen in den Blick genommen. So ging es u.a. um die Zeitenwende in der Sicherheitspolitik, die strategische Souveränität für Europa und wie sich die EU langfristig selbst schützen kann oder die Bedrohungen durch einen Cyber-War. Im Blick auf die neuen Medien wandte sich die Landeszentrale etwa dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zu, aber auch den bleibenden Herausforderungen durch Desinformationen, Fake News und Hate Speech in den Sozialen Medien.

Breiten Raum nahm außerdem das Gedenken an den DDR-Volksaufstand am 17. Juni 1953 ein. Neben einem zweitägigen Symposium am 16. und 17. Juni im Industrie- und Filmmuseum Wolfen gab es eine Reihe von Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen mit Dr. Stefan Wolle, Leiter des DDR-Museums, in Sangerhausen, Leuna und Halberstadt sowie weitere Gesprächs- und Gedenkveranstaltungen in Salzwedel und Weißenfels. Mit der DDR-Geschichte befasste sich darüber hinaus u.a. das Halle-Forum am 16. und 17. November. Bei dieser Kooperationsveranstaltung mit der Stiftung Gedenkstätten, der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Vereinigung für die Opfer des Stalinismus in Sachsen-Anhalt e.V. und dem Verein gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. wurden die Proteste hinter dem „Eisernen Vorhang“ sowie die Reaktionen in der DDR und Zusammenarbeit der Geheimdienste der sozialistischen Länder thematisiert.

Neue Wege gegangen ist die Landeszentrale im Blick auf den Einsatz gegen den Antisemitismus. So gab es neben einer gemeinsamen Fortbildung mit dem Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung (LISA) eine Tour durch die Altmark unter dem Motto „Tacheles mit Simson“. Zusammen mit Ilan, dem Bildungsprogramm zur jüdischen Tradition in Sachsen-Anhalt des Seminars für Judaistik/Jüdische Studien der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dem Verein „KinderStärken“ und dem Verein Miteinander veranstaltete die Landeszentrale vom 9. bis 12. Oktober eine Tour zur jüdischen Kultur durch die Altmark und machte in Dähre und Diesdorf, Salzwedel, Seehausen sowie Tangermünde Station – vormittags an einer Schule, nachmittags auf dem Markt.

Ebenfalls eine Premiere erlebte die „Werkstatt Medienbildung“ in der Experimentellen Fabrik im Rahmen der Aktionstage „Netzpolitik und Demokratie“. Hier ist bereits eine Fortsetzung geplant, dann am 24. November 2024 in Wernigerode. Überhaupt spielte das Thema Medienbildung eine wichtige Rolle und erlebte bei den Schülermedientagen im Mai oder der netzpolitischen Studienreise nach Brüssel in Kooperation mit dem LISA im Oktober besondere Höhepunkte. Herausragende Gäste waren hier Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“, und anlässlich der netzpolitischen Studienfahrt Katharina Barley als Gesprächspartnerin im Europäischen Parlament

Rekordverdächtig war schließlich auch die Beteiligung am Landestag „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, zu dem im Jubiläumsjahr am 20. September mehr als 800 Teilnehmer aus den Schulen auf den Domplatz nach Magdeburg gekommen waren. Außerdem gab es verschiedene Jubiläumsveranstaltungen an ausgewählten Titelschulen, u.a. der ersten Courage-Schule in Köthen am 9. November, sowie eine Vielzahl von Workshops und Schulprojekttagen, die gemeinsam mit den Schulen organisiert und von der Landeszentrale unterstützt wurden. Eine Premiere erfolgte zudem am 3. Juni mit der Verleihung der beiden Sonderpreise zum Jugendengagement-Preis „Freistil“. Erstmals wurden hier zwei Sonderpreise der Landeskoordination des Courage-Schulnetzwerkes in Sachsen-Anhalt zum Thema Zivilcourage und zum Thema Erinnern (Batsheva-Dagan-Preis) vergeben.

Weitere Veranstaltungen widmeten sich den neuen Herausforderungen in der Islamismus-Prävention („Operation Allah“ mit Ahmad Mansour), den offenen jüdischen Häusern in Halberstadt oder dem 60. Jubiläum des Élysée-Vertrages. Auch die 98-jährige Holocaust-Überlebende und Autorin Batsheva Dagan besuchte im September erneut Sachsen-Anhalt und war zu Zeitzeugengesprächen mit Schülern und zu einer Sonntagsmatinee in der Marienkirche Stendal im Land unterwegs. Mit drei Veranstaltungen erinnerte die Landeszentrale zudem an die Schriftstellerin Brigitte Reimann, die vor 90 Jahren in Burg bei Magdeburg geboren worden war und deren Todestag sich 2023 zum 50. Mal jährte. Die Ausstellung „Sachsen-Anhalt – traditionell weltoffen“ machte schließlich in Stendal und Genthin Station. 

Eine besondere Neuerscheinung im Literaturprogramm der Landeszentrale war in diesem Jahr das Buch „Grenzschicksale. Als das Grüne Band noch grau war“, das in Kooperation mit der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Stiftung Gedenkstätten veröffentlicht wurde. Darin hat die Autorin Ines Godazgar 30 verschiedene Biographien zusammengetragen, in denen Menschen zu Wort kommen, die die deutsche Teilung auf beiden Seiten der ehemaligen innerdeutschen Grenze erlebt haben.

Die „Grenzschicksale“ führten auch die Hitliste der am meisten gefragten Bücher an, gefolgt vom Tagebuch der Anne Frank als Graphic Novel, der Biographie „Poltawa, Auschwitz, Bergen-Belsen, Kyjiw“ mit der Lebensgeschichten der Anastasia Gulej, der 2. Auflage der politischen Landeskunde sowie dem Buch „Sachsen-Anhalt – das besondere Bundesland an der Mittelelbe“. Diese Liste zeige eindrucksvoll, dass es vor allem Titel mit Sachsen-Anhalt-Bezug seien, die auf ein breites Interesse bei den Bürgerinnen und Bürgern stoßen, so Reichel.

Neben den Veranstaltungen in Sachsen-Anhalt wurden im vergangenen Jahr auch die Kooperationen mit Partnereinrichtungen aus anderen Bundesländern und Partnerregionen fortgeführt. So präsentierten sich die Landeszentralen aus Sachsen und Sachsen-Anhalt den Besuchern der Buchmesse in Leipzig nach der Corona-Zwangspause wieder mit einem Gemeinschaftsstand.

Darüber hinaus gab es das Austausch- und Begegnungsprojekt „60 Jahre Élysée – 60 Jahre deutsch-französische Freundschaft“ mit der Partnerregion Centre-Val de Loire. Jeweils 50 Jugendliche aus Deutschland und Frankreich waren erst in Sachsen-Anhalt und dann in der Regjon Centre-Val de Loire unterwegs, tauschten sich über ihre Lieblingsorte aus und entwickelten eine Vision für einen „Neuen Élysée-Vertrag“. „Für uns war es ein Herzensanliegen, die deutsch-französische Partnerschaft auch für Jugendliche mit Leben zu füllen“, so Maik Reichel.

Zuwachs verzeichnete die Landeszentrale darüber hinaus auch bei den geförderten Projekten und den Gedenkstättenfahrten. Allein an den 149 Fahrten zu Gedenkstätten im Land Sachsen-Anhalt sowie nach Buchenwald, Auschwitz, Treblinka und Theresienstadt konnten mehr als 5.600 Schülerinnen und Schüler teilnehmen. Dazu kamen zahlreiche Demokratieprojekte von der Einführung in die Interkulturelle Kompetenz über Studienfahrten nach Berlin und Brüssel bis hin zur Armutskonferenz. „Wenn wir diese Zahlen der geförderten Projekte dazu nehmen, haben wir im abgelaufenen Jahr sogar mehr als 51.500 Teilnehmer erreicht“, so Reichel.


Text: Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt
Foto: pixabay