Euskirchen (ots). Sommerzeit, Badezeit. Aber längst nicht
für alle. Aus Angst vor Ausgrenzung meiden Menschen mit Schuppenflechte
(Psoriasis) öffentliche Bäder oder Badeseen. Zu Recht? Manche Badeordnung
jedenfalls klingt wenig einladend für die Betroffenen. Die Aufklärungskampagne
"Bitte berühren" macht mobil gegen die Diskriminierung von
Hautkranken.
In manchen Bädern besteht ein pauschales
"Einlassverbot" für "Personen mit Hautkrankheiten" oder
Schuppen. Andernorts bleiben all jene ausgeschlossen, die an
"unästhetischen Hautausschlägen" oder "Ekel erregenden
Krankheiten" leiden. Sie stehen damit in einer Reihe mit Besuchern unter
Alkohol-, Medikamenten- oder Drogeneinfluss.
Dabei sind diese Bestimmungen längst überholt. Schon 2005
setzte der Deutsche Psoriasis Bund e.V. (DPB) in der Musterbadeordung der Deutschen
Gesellschaft für das Badewesen e.V. eine diskriminierungsfreie Klarstellung
durch. §2 sah ein Badeverbot für Badegäste vor, "die (...) an
Hautveränderungen leiden, bei denen sich z.B. Schuppen oder Schorf ablösen und
in das Wasser übergehen". Das zielte explizit gegen Menschen, die an einer
entzündlichen Hauterkrankung wie Schuppenflechte oder Neurodermitis leiden.
Betroffen waren von dieser überholten Bestimmung mehr als 5 Millionen
Bundesbürger. Heute soll nach der Musterbadeordnung dieser Ausschluss
ausdrücklich nur für Besucher gelten, "die an einer meldepflichtigen,
übertragbaren Krankheit oder offenen Wunden leiden".
Fakt ist: eine Psoriasis oder eine Neurodermitis ist
nicht ansteckend, wie Dr. Ralph von Kiedrowski vom Berufsverband der Deutschen
Dermatologen erklärt. "Die entzündlichen Hautstellen und Schuppen stellen
keinerlei gesundheitliche Gefährdung für andere dar und sind daher kein
legitimer Grund, jemanden des Bades zu verweisen."
"Begriffe wie 'Ekel' und 'unästhetisch' sind rein
subjektiv. Sie signalisieren: hier ist viel Emotion und Irrationalität mit im
Spiel. Dem darf die öffentliche Ordnung - und sei es nur die Badeordnung -
keinen Vorschub leisten", findet Holger Schmitt. Der Bürgermeister von
Rimbach, selbst von Psoriasis betroffen, weiß wovon er spricht. "Das ist
eine glatte Diskriminierung, verletzt elementare Grundrechte und geht überhaupt
nicht."
Ursula Kaltenbacher leidet seit Jahrzehnten an
Neurodermitis, einem chronischen, aber nicht ansteckenden Hautekzem. Neugierige
oder ablehnende Blicke in der Öffentlichkeit hat sie über die Jahre vielfach
erlebt, aber gelernt damit umzugehen. Gegen einen pauschalen Ausschluss von
Hautkranken in ihrer Stadt Neu-Ulm mittels Badeordnung hat sie sich mit
zahlreichen Briefen - an die Kommunalverwaltung, den Bürgermeister, die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes - mit allen Mitteln gewehrt. Immerhin
erhielt sie die Zusicherung, weiter ins Bad zu dürfen, da ihre Neurodermitis
keine Ansteckungsgefahr darstelle. Die als diskriminierend empfundene
Neufassung der städtischen Badeordnung aber wurde nicht geändert.
Bei ihrer Online-Recherche fand die Neu-Ulmerin per
"googlen" in kurzer Zeit 111 Badeordnungen, die eine öffentliche
Diskriminierung Hautkranker darstellen: 23 aus Baden-Württemberg, 21 aus
Bayern, 19 aus Niedersachsen, 13 aus Nordrhein-Westfalen. Nur die Bundesländer
Hamburg, Berlin und Bremen erscheinen in ihrer Tabelle mit null Einträgen.
Die Wirkung bleibt nicht aus, wie Betroffene immer wieder
berichten. Sie trauen sich erst gar nicht mehr in ein öffentliches Bad und
bleiben weg. Uschi Kaltenbacher geht immer noch gerne Schwimmen, aber die
Freude am Nass ist schwer belastet: "Ich selber war als Kind in einem Bad,
in dem das Schild hing: 'Menschen mit Ekzemen und anderen ekelerregenden Erkrankungen
dürfen das Bad nicht besuchen'. Dieser Satz klebt seit Jahrzehnten zäh an mir
und ist nicht förderlich für ein gutes Selbstwertgefühl."
"Unglückliche oder gar diskriminierende
Formulierungen, wie wir sie noch in etlichen Badeordnungen finden, rufen bei
hauterkrankten Menschen eine starke Verunsicherung hervor und setzen sie der
ganz realen Sorge aus, dass sie am Eingang abgewiesen werden", so Marius
Grosser vom Deutschen Psoriasis Bund e.V. (DPB). Sein Verband ermutigt
Betroffene, die Betreiber von Schwimmbädern, Badeseen und Wellnesseinrichtungen
auf diskriminierende Bestimmungen anzusprechen und auf Abhilfe zu dringen.
Facebook greift Fälle von Diskriminierung auf
"Bitte berühren" - die Aufklärungskampagne des
Aktionsbündnisses "Gemeinsam gegen Schuppenflechte" - hat sich den
diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen Bädern und Einrichtungen auf ihre
Fahnen geschrieben. Auf Facebook hat "Bitte berühren" ein eigenes
Forum geschaffen, auf dem Diskriminierung im Schwimmbad öffentlich gemacht werden
kann.
Der Initiative "Gemeinsam aktiv gegen
Schuppenflechte gehören neben dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen die
Deutsche Dermatologische Gesellschaft, das Competenzzentrum für
Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm), die regionalen
Psoriasisnetze (PsoNet) und der Deutsche Psoriasis Bund e.V. (DPB) an.
Unterstützt wird "Gemeinsam aktiv gegen Schuppenflechte" darüber
hinaus von: AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, Almirall Hermal GmbH, Celgene
GmbH, Janssen-Cilag GmbH, LEO Pharma GmbH, Lilly Deutschland GmbH, Novartis
Pharma GmbH und Pfizer Deutschland GmbH.
Text - Original-Content von: Berufsverband der Deutschen
Dermatologen, übermittelt durch news aktuell
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