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Bund der Steuerzahler veröffentlicht Schwarzbuch 2017/2018: Vier gravierende Fälle aus Sachsen-Anhalt

Der Bund der Steuerzahler veröffentlichte heute am 05. Oktober 2017, 11:00 Uhr sein „Schwarzbuch

– Die öffentliche Verschwendung 2017/2018“. Das jährlich erscheinende Schwarzbuch zeigt
exemplarisch Verschwendungsfälle aus der gesamten Bundesrepublik auf. In diesem Jahr
120 Fälle, darunter 4 aus Sachsen-Anhalt zu folgenden Themen:

„Die Zukunft meistern“: Gutachteritis für Parteifreunde

Sachsen-Anhalt. „Brauchen Sie ein paar Euro als Zuschuss von der öffentlichen Hand?
Kein Problem – werden Sie Berater der Landesregierung von Sachsen-Anhalt!“
So beginnt der Beitrag über die skandalträchtige Gutachteritis in der Landesverwaltung
2011 bis 2016. Berateraufträge aus öffentlichen Mitteln dürfen eigentlich nur nach einer
Bedarfsanalyse vergeben werden. Dazu muss ein zusätzlicher, inhaltlich und zeitlich
abgrenzbarer Bedarf vorliegen, der nicht durch das vorhandene Personal abgedeckt werden
kann. Dies hat das Land Sachsen-Anhalt über Jahre missachtet. Dabei hat die
Landesregierung bestehende Regularien sehr trickreich umgangen. Letztlich wurden
Aufträge häufig an Parteifreunde vergeben.

DER BUND DER STEUERZAHLER FORDERT:

Schluss mit der Gutachteritis der Landesregierung und Schluss mit den personellen und
politischen Verflechtungen. Regelverstöße müssen endlich sanktioniert werden. Die
Beispiele belegen, dass es sich nicht nur um ein Versagen durch einzelne Personen beim
Umgang mit Steuergeldern handelt. Es liegt ein Gesamtversagen und
Organisationsverschulden der gesamten Landesregierung 2011 bis 2016 vor. Das Schiff der
Landesregierung ist im Blindflug durch die Beratungsleistungen gesegelt. Der derzeitige
„Kapitän“ ist seit 2011 an Bord und hat dieses Handeln zugelassen – zu Lasten der
Steuerzahler.

Der Steuerzahler geht baden

Leuna/Saalekreis. Für die Sanierung der Schwimmhalle in Leuna zeichnen sich in diesem
Jahr Kosten von mindestens 19,4 Millionen Euro ab. Das sind rund 12 Millionen Euro
Mehrkosten gegenüber den Planungen 2011. Der geplante Eröffnungstermin (ursprünglich
2013) wurde mehrfach verschoben. Selbst im Juni 2017 konnte der neue Eröffnungstermin 
noch nicht genannt werden. Obwohl das Pannenprojekt seit Jahren fertig sein sollte, wird
erst im September 2016 eine neue Kalkulation der für die Stadt anfallenden Betriebskosten
erstellt. Ergebnis: die stattliche Summe von brutto 900.000 Euro. Unter der Berücksichtigung
der Erträge verbleibt ein Zuschussbedarf von rund 440.000 Euro jährlich für die Stadt – und
damit eine fast 50-prozentige Steigerung im Vergleich zu den anfänglich kalkulierten Kosten.
Damit die errechneten Belastungen für die Stadtkasse nicht zu hoch werden, werden nun
sehr ambitionierte Besucherzahlen angesetzt: 220 Schwimm- und 60 Saunagäste sollen
täglich im Durchschnitt nach Leuna pilgern – eine echte Volksschwimmhalle also. Ob solche
Besucherzahlen – ohne Schulschwimmen und Vereinsschwimmen wohlgemerkt – auch nur
im Ansatz realistisch sind, weiß wohl nur Wassergott Neptun höchstpersönlich. Schließlich
gibt es in der Nähe, insbesondere im fünf Kilometer entfernten Merseburg und selbst im
20 Kilometer entfernten Halle (Saale) genügend Badealternativen.

DER BUND DER STEUERZAHLER KRITISIERT:

Bei solchen Kostenexplosionen von rund 250 Prozent muss es Verantwortliche geben, die
zur Kasse gebeten werden. Trotz erheblicher Versäumnisse des ersten Planers wird zum
Schluss allein der Steuerzahler für alles aufkommen müssen. Mehr Ehrlichkeit und
Transparenz bei der Planung hätten wahrscheinlich zu einem Verzicht auf dieses teure und
überdimensionierte Prestigeprojekt geführt. Die Stadt Leuna wird nach eigenen Angaben mit
der sanierten und modernisierten Schwimmhalle einen entsprechenden Gegenwert erhalten,
der sich angeblich nachhaltig und positiv auf die Lebensqualität der Bürger auswirken wird.
Wir meinen: Allein mit den entstandenen Mehrkosten hätten der dringend notwendige
Neubau einer kombinierten Krippen- und Kindergarteneinrichtung sowie die Horterweiterung
der Grundschule in der Kernstadt Leuna vollständig finanziert werden können.

Der Millionenwitz von Vehlitz und Möckern

Vehlitz/Möckern (Jerichower Land). Bereits im Schwarzbuch 2011 hatte der Fall seinen
Platz gefunden: Inzwischen kostet die Sanierung der illegalen Müllentsorgung in Möckern
und Vehlitz mehr als 30 Millionen Euro. Ein Ende ist nicht abzusehen. Lediglich lächerliche
7,5 Millionen Euro hat das Land inzwischen von einem Schadensverursacher zurückgeholt.
Auf dem Rest der aufwendigen und teuren Sanierungskosten bleibt der sachsenanhaltinische
Steuerzahler sitzen.

Die damals verantwortliche Betreiberfirma ist inzwischen pleite. Umso wichtiger wäre es, sich
das Geld von den Abfalllieferanten zurückzuholen, zumal offensichtlich enge Kontakte im
Firmengeflecht zwischen Tongrubenbetreiber und einzelnen Mülllieferanten bestanden.
Anstatt die Verantwortlichen in Regress zu nehmen, schloss das Land Sachsen-Anhalt mit
einer Firma einen Vergleich. Diese zahlte 2016 an das Land, – ohne Anerkennung einer
Rechtspflicht –, als einmalige Beteiligung lächerliche 7,5 Millionen Euro zur Beseitigung der
illegalen Hinterlassenschaften. Diese Summe ist angesichts der Einsparungen des Betreibers
und der Mülllieferanten durch die illegale Müllentsorgung in geschätzter zweistelliger
Millionenhöhe ein absoluter Millionenwitz.

Der zuständige Minister hat noch im März 2016 öffentlich geäußert, dass das Land auch auf
die anderen Mülllieferanten zugehen werde, um diese ebenfalls an den Kosten zu beteiligen.
Diese Absicht hat sich inzwischen zerschlagen. Ein Nachweis der Verursachereigenschaft
stelle sich als schwierig bis unmöglich dar, so heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Also
wird der Steuerzahler für den ganzen Dreck aufkommen müssen. Die eigentliche Ursache für
die Zurückhaltung gegenüber den Mülllieferanten dürfte in dem Versagen der zuständigen
Aufsichts- und Kontrollbehörden liegen. Insbesondere das Landesamt für Geologie und
Bergbau hat mit dem zögerlichen Handeln und den fehlenden Kontrollen eine Mitschuld an
dem Skandal. Ebenso hat das Wirtschaftsministerium seine Aufsichtspflichten verletzt.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT:

Wieder einmal haben die für die Aufsicht zuständigen Politiker und die Landesverwaltung
illegales Verhalten von Verantwortlichen begünstigt. Dadurch bleibt letztlich der größte Teil
der Kosten beim Steuerzahler hängen.

Mehr Personal - keine neuen Aufgaben

Sachsen-Anhalt. Nach der Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt wurden zusätzliche
Stellen in den Ministerien geschaffen, ohne dass mehr Aufgaben hinzugekommen wären.
Der Steuerzahler muss dafür 20 Millionen Euro in fünf Jahren hinblättern. Ein markantes
Beispiel dafür ist die von der Landesregierung in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene
neue Stelle eines Radwegekoordinators. Auch drei zusätzliche Stellen für Staatssekretäre –
wohlgemerkt bei gleichgebliebenem Aufgabenumfang – sind eine besonders
verschwenderische Ausweitung der Personalausgaben. Allein eine Staatssekretärsstelle
verschlingt jährlich rund 125.000 Euro, hinzukommen später die erheblichen Versorgungsleistungen.
Außerdem wurden jedem Ministerium sieben Neueinstellungen zugestanden. Die
60 neuen Stellen binden jährlich Personalausgaben von circa 3,6 Millionen Euro.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT:

Das Land Sachsen-Anhalt hat schon jetzt einen der höchsten Stellenbestände aller
Flächenländer. Der erneute Stellenzuwachs in den Ministerien zeigt wieder einmal den
fehlenden Sparwillen der Landesregierung – auf Kosten der Steuerzahler. Die 20 Mio. Euro
hätten ausgereicht, um 100 Streifenpolizisten in der höchsten Erfahrungsstufe 5 Jahre lang
zu bezahlen.