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Gesundheit-News: Präsentismus ist in der Pflege weit verbreitet - Arbeiten trotz Krankheit

1. November 2021

Arbeiten gehen, obwohl man sich krank fühlen. Dieses Phänomen nennt sich Präsentismus.

In der Pflegebranche ist es besonders verbreitet.

(ams). Viele Menschen in Deutschland tun das: Sie gehen arbeiten, obwohl sie sich krank fühlen. Dieses Phänomen nennt sich Präsentismus. In der Pflegebranche ist es besonders verbreitet, wie eine aktuelle bundesweite Befragung des AOK-Bundesverbandes unter 500 Führungskräften aus Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern zeigt. Danach gaben mehr als ein Drittel der befragten Führungskräfte (36 Prozent) an, in den vergangenen zwölf Monaten trotz Erkrankung arbeiten gegangen zu sein. Knapp ein Viertel der befragten Personen mit Personalverantwortung (23 Prozent) erklärten zudem, sie seien sogar entgegen dem ausdrücklichen ärztlichen Rat zur Arbeit gegangen.  

"Viele Beschäftige tendieren im Arbeitsalltag häufig dazu, eigene Belastungsgrenzen aus Loyalität zum Team zu überschreiten. Sie sind der Überzeugung, dass sie ihrem Unternehmen und den Kolleginnen und Kollegen etwas Gutes tun, wenn sie krank zur Arbeit erscheinen. Ein weiterer Grund für Präsentismus: Pflege ist ein besonderer Beruf. Pflegende bauen eine persönliche Beziehung zu den Menschen auf, um die sie sich kümmern und fühlen sich für sie verantwortlich", sagt Werner Winter, Experte für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) im AOK-Bundesverband. Das spiegelt sich auch in den Antworten der befragten Leitungskräfte wider: So gaben 44 Prozent der Befragten Pflichtbewusstsein, Verantwortungsgefühl oder die eigene Vorbildfunktion als Gründe für ihr Verhalten an. Knapp ein Viertel (23 Prozent) begründete es mit Personalmangel, jede sechste Person (16 Prozent) mit hoher Arbeitsbelastung.

Risiko für Belegschaft und Unternehmen

"Dabei birgt Präsentismus viele Risiken für Belegschaft und Unternehmen", sagt AOK-Experte Winter. "Die Betroffenen erholen sich nicht angemessen, Krankheiten können chronisch werden und Beschäftigte fallen womöglich noch länger aus." Im Falle von Infektionskrankheiten können andere, etwa Teammitglieder angesteckt werden. Auch das Fehler- und Unfallrisiko steigt nachweislich. Gerade in der medizinischen und pflegerischen Versorgung können Fehler schwere Konsequenzen nach sich ziehen und kranke und pflegebedürftige Menschen in Gefahr bringen.

Wertschätzende Unternehmenskultur

"Die beste Vorbeugung gegen Präsentismus besteht nach derzeitigem Forschungsstand in einer wertschätzenden Unternehmenskultur, in der die Gesundheit der Beschäftigten einen hohen Stellenwert hat, aber auch Arbeitsunfähigkeiten als etwas Normales im Berufsalltag betrachtet werden. In einem Unternehmen, das verständnisvoll mit Fehlzeiten und krankgemeldeten Teammitgliedern umgeht, fällt es Beschäftigten leichter, zu Hause zu bleiben, wenn sie sich krank fühlen", erklärt Winter. Auch Fort- und Weiterbildungsangebote, die das Gesundheitswissen und damit die Ressourcen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken, wirkten sich positiv aus.

AOK-Initiative "Pflege.Kräfte.Stärken."

Mit einer bundesweiten Initiative "Pflege.Kräfte.Stärken." zur Betrieblichen Gesundheitsförderung in der Pflege will die AOK diesem Problem begegnen und dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in der Pflege zu verbessern. Dazu stellt die Gesundheitskasse zahlreiche Angebote bereit, die sie gemeinsam mit der Pflegebranche für deren Beschäftigte entwickelt hat.

Eines davon ist die Pflege-Mediathek der AOK. "Die digitale Lernplattform bietet multimediale Schulungen rund um Pflege, Prävention und Betrieblicher Gesundheitsförderung an, die Unternehmen der Pflegebranche kostenfrei einsetzen können", so Winter. Bisher haben schon mehr als 3.200 Pflegeeinrichtungen die professionell aufbereiteten Inhalte für interne Fortbildungen und E-Learnings genutzt.

Das AOK-Online-Programm "Gesund führen" hilft Verantwortlichen in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern dabei, eine mitarbeiterorientierte und gesunde Führungskultur aufzubauen. "Hilfreich ist zum Beispiel, offen über das Thema Präsentismus zu sprechen, sodass das gesamte Team dafür sensibilisiert wird. Klare Stellvertreter-Regelungen helfen außerdem, festzulegen, wer welche Aufgaben im Krankheitsfall übernimmt", erläutert der BGF-Experte.

Neue Online-Trainings

In neuen Online-Trainings zur gesunden Arbeitsgestaltung und Organisationskultur in der Pflege können sich professionell Pflegende zudem aktiv mit diesen Themen auseinandersetzen und konkrete Ideen für ein gesundes Arbeitsklima in ihrem Team sammeln. Der Fokus liegt unter anderem auf Kommunikation, Wertschätzung sowie dem Umgang mit Konflikten und Fehlern. Die Trainings sind Teile des Forschungsprojekts "CARE4CARE", das die AOK zusammen mit der Beuth Hochschule für Technik Berlin, der Leuphana Universität Lüneburg, der Technischen Hochschule Lübeck und der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg durchführt.

 

Text / Foto: AOK-Bundesverband / istock_sdominick_stq