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Heinemann Friedrich

Euro-Finanzminister – Neues Amt mit geringem Mehrwert für Europa

2. Mai 2018

Ein „Europäischer Minister für Wirtschaft und Finanzen“ (EMWF) könnte zentrale Probleme der fiskalischen Koordination in Europa nicht lösen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die von einem europäischen Team des Forschungsnetzwerks EconPol Europe unter Koordination des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, verfasst und heute bei einer Veranstaltung in Brüssel vorgestellt wurde. „Der Finanzminister sollte in der Reform der Eurozone keinerlei Priorität erhalten. Die Gefahr ist groß, dass ein neuer großer Titel ohne Substanz verliehen wird. Dies könnte letztlich die Reputation der Eurozone weiter schädigen“, sagt Friedrich Heinemann (Foto), Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ sowie Koordinator des Forschungsteams.

Der Minister ist eine der zentralen Reformideen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Eurozone. Nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission würde dieser Minister eine umfassende Steuerungs- und Koordinationsrolle übernehmen. Nach den derzeitigen politischen Überlegungen wäre ein EMWF nicht nur für die Repräsentation der Eurozone nach außen zuständig, so etwa auch innerhalb des Internationalen Währungsfonds. Zugleich würde er Strukturreformen und Haushaltspolitik der EU-Mitgliedstaaten koordinieren, europäische Budget-Instrumente steuern und eine maßgebliche Rolle in der Überwachung im Stabilitätspakt erhalten. Leitfrage der ZEW/EconPol-Analyse war, inwieweit dieses neue Amt einen zielgenauen Lösungsbeitrag für zentrale Probleme der Eurozone auf den folgenden vier Gebieten liefern kann.

Fiskalische Nachhaltigkeit

Die enttäuschende Wirksamkeit des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) ist maßgeblich auf zu starke politische Einflussnahme zurückzuführen. Daher empfiehlt die Studie eine stärkere Rolle für den Europäischen Fiskalrat als unabhängigem Budgetwächter. Eine maßgebliche Verantwortung für einen politisch agierenden Minister, der Kommissionsmitglied ist, wäre demnach eine Entwicklung genau in die falsche Richtung.

Europäische öffentliche Güter

Wenig zuversichtlich sind die Autoren/-innen zudem, dass ein Minister eine bessere Ausrichtung des EU-Haushalts auf wirkliche europäische öffentliche Güter durchsetzen könnte. Das Übergewicht von Agrar- und Kohäsionspolitik ist auf starke Eigeninteressen der EU-Mitgliedstaaten zurückzuführen, welche durch den neuen Minister kaum eingedämmt werden könnten.

Stabilisierungspolitik

Etwas zuversichtlicher fällt die Analyse zur möglichen Rolle eines Ministers beim Blick auf die stabilisierungspolitische Koordination aus. Gerade dann, wenn neue Instrumente für die Eurozone geschaffen werden, hätte der Minister eine natürliche Rolle, diese Instrumente zu steuern. Allerdings ist es nach Einschätzung des ZEW/EconPol-Teams unrealistisch, dass der „Superminister“ Mitgliedstaaten mit gesunden Finanzen zu Mehrausgaben bewegen könnte, um das Wachstum in anderen Ökonomien anzuheizen.

Strukturreformen

Ebenso billigt die Analyse dem Minister eine hilfreiche Rolle zu, die Anreize für wachstumsfördernde Strukturreformen zu verbessern. Hier könnte er für einen besseren Informationsaustausch sorgen, aber auch finanzielle Anreize für Reformen setzen.